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Überwachungspreis an Canon Deutschland verliehen

Rot-Grüne Regierung erhält gleich zwei BigBrotherAwards

Heute wurde in Bielefeld der Überwachungspreis BigBrotherAward verliehen. In der Kategorie Technik ging er an die Firma Canon Deutschland. Die Rot-Grüne Regierung erhält den Negativpreis gleich zweimal, für ihr Festhalten am Großen Lauschangriff, und für Verschlechterungen im Bereich Datenschutz des Gesundheitswesens.

Der japanische Imaging-Konzern Canon wird für sein Einbetten einer unsichtbaren, weltweit einmaligen Geräte-Kennung in sämtliche Farbkopien vorgeführt. Damit ist es möglich, bei jeder Kopie nachzuvollziehen, welches Gerät benutzt wurde. Canon kann z.B. im Auftrag von staatlichen Stellen die Spur einer Fotokopie zu dem einzelnen Gerät zurückverfolgen, denn durch Serviceverträge oder Registrierung der Geräte sind die Standorte dem Hersteller bekannt. Mitarbeiter von Copy-Shops haben bestätigt, dass es in der Vergangenheit konkrete Anfragen von Ermittlungsbehörden gab.

Der Big Brother Award 2004 in der Kategorie "Politik" geht an die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Sie wird ausgezeichnet für ihr Festhalten am Großen Lauschangriff als Instrument der Strafverfolgung. Das Bundesverfassungsgericht hat am 3. März dieses Jahres eine Entscheidung gefällt, nach der das Abhören von Menschen in Privatwohnungen nur erlaubt ist, wenn sehr strenge Regeln eingehalten werden. "Man hätte diesen Richterspruch zum Anlass nehmen können, auf den Großen Lauschangriff ganz zu verzichten", so die Junioren. Stattdessen sollte nach einem Referenten-Entwurf aus den Hause Zypries der große Lauschangriff sogar auf Ärzte, Journalisten und Pastoren ausgedehnt werden. Dieser musste auf starken öffentlichen Druck hin zurückgezogen werden.

Großer Lauschangriff richtet sich gegen Masse der Bevölkerung

Tatsächlich diene der Große Lauschangriff weniger der realen Verbrechensbekämpfung als vielmehr der Einschüchterung von Menschen. Dass ohne ihn die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zum Scheitern verurteilt wäre, wie immer wieder behauptet wird, ist nach Recherchen der Aktivisten "lächerlich": Im Jahr 2001 z.B. hat es ganze 17 Einsätze dieser Art gegeben. Genaue Zahlen sind z.T. erst mit jahrelanger Verspätung zu bekommen. Und noch nicht einmal in der Hälfte dieser Fälle sind dabei strafverfahrensrelevante Informationen zutage gefördert worden. Stattdessen stellt das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil fest: "Von der Möglichkeit zur akustischen Wohnraumüberwachung können Einschüchterungseffekte ausgehen."

Der Big Brother Award 2004 in der Kategorie "Gesundheit und Soziales" geht an die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt für das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist. Durch die versichertenbezogenen Datenverarbeitung kommt es nach Meinung des BigBrotherAward Komitees zu einer massiven Verschlechterung des Datenschutzes für die Patienten. "Vor diesem Hintergrund muss die für Anfang 2006 geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte mit äußerster Skepsis gesehen werden", so die Jury. Zwar sei bisher noch nicht festgelegt, wer in welcher Form Zugriff auf die über diese Karte erschlossenen Gesundheitsdaten erhält. Doch stünde die Gefahr im Raum, dass die Patienten hierüber faktisch gezwungen werden, ihre Behandlungsdaten in noch weiterem Maße auch dann zur Verfügung zu stellen, wenn sie dies nicht wollen. (ck)

3sat Online, Mainz , 30. Oktober 2004
Original: http://de.internet.com/index.php?id=2031897§ion=Topstories

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