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Acht mal "5" im Datenschutz

Auch Bundesgesundheitsministerium erhält den Big Brother Award 2004

Es ist eine Ehrung, die sich niemand wirklich wünscht: der Big Brother Award des FoeBuD-Vereins. In Bielefeld war es am Freitag wieder so weit und zeichnete die Jury die eifrigsten Datensammler der Nation aus. Unter den diesjährigen Laureaten des "Oscars für Datenkraken" fanden sich in diesem Jahr gleich zwei Bundesminister wieder.

Der Big Brother Award 2004 geht an die.....

Achtmal war der Satz gestern in Bielefeld während der Verleihung der Big Brother Awards zu hören. Eine Auszeichnung die nicht gerade begehrt ist - ein Negativpreis für Datenkraken. Zum fünften Mal wurde die kleine schwarze Statur vergeben, und wie in den Jahren zuvor konnte sich auch wieder die Bundesregierung gewiss sein, einer der Preisträger zu sein. In diesem Jahr sogar gleich zweimal: Einmal Bundesjustizministerin Brigitte Zypries für ihr Festhalten am großen Lauschangriff und für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und ihrem Plan die Gesundheitskarte einzuführen. In der Kategorie Technik wurde das Unternehmen Canon ausgezeichnet:

Und zwar für die Einbettung einer unsichtbaren, weltweit einmaligen Gerätekennung in sämtliche Farbkopien, um bei jeder Farbkopie nachvollziehen zu können, welches Gerät benutzt wurde.

... erklärt Laudator Frank Rosengart vom Chaos Computer Club. Jede Kopie kann damit einem einzigen Gerät zugeordnet werden. Eigentlich solle damit das Kopieren von Falschgeld erschwert werden. Doch die Einsatzmöglichkeiten gehen noch viel weiter: Der unzufriedene Mitarbeiter, der Informationen weiter geben will? Hat kaum mehr eine Chance, kann sein Chef doch so bis in jede Büroetage hinein feststellen, wo die Kopie gemacht worden ist.

Leider hat Canon vergessen, einen entsprechenden Hinweis auf den Geräten anzubringen. Der Kunde wird über diese Datenspur auf der Kopie nicht informiert, nicht einmal der Käufer des Gerätes. Auch in der Anleitung befindest sich kein Hinweis darauf.

Dass diese Technik auch von den Ermittlungsbehörden sehr geschätzt wird, bestätigte in dieser Woche die niederländische Polizei. Man ermittle so erfolgreich gegen Bahnticket-Fälscher, bestätigte ein Polizeisprecher dem Magazin Digital Media News. Die weitere Entwicklung, meint Frank Rosengart ist so absehbar .

Es ist jedoch davon auszugehen, dass es in Zukunft auch Systeme zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen weiterentwickelt werden. Das heißt, auch Benutzer dieser Geräte können keine Kopien mehr erstellen, ohne durch diese Technik bespitzelt und gegängelt zu werden.

Preiswürdig erschien der Jury um den Foebud Verein auch die Firma Armex. Das Unternehmen bietet einen ganz besonderen Service an. "TrackyourKid" nennt sich der und meint, dass Eltern via Handy so immer wissen, wo sich der Nachwuchs gerade aufhält. Laudatorin Karin Schuler befürchtet, dass so viel Platz für Missbrauch bleibt:

Eigentlich sollte bei der Auftragserteilung per Kaufbeleg nachgewiesen werden, dass einem die zu ortende Telefonnummer und die SIM auch gehört. Wer Armex aber online beauftragen möchte, wird danach aber nicht mehr gefragt.

Ausgezeichnet wurden daneben die Firma Tchibo - dafür dass sie ihre Kundendaten weiter verkauft. Und der Lebensmitteldiscounter Lidl. Das Unternehmen beweise, dass man für die Überwachung seiner Mitarbeiter nicht zwingend High-Tech nutzen müsse: Es gehe auch per Videokamera und Babyphone. Nicht ausgezeichnet, aber doch erwähnt, wurde die Gemeinde Montabaur. Deren Bürgermeister will die Fotos von Geschwindigkeitskontrollen nicht einfach vernichten, wenn die Autofahrer sich an das Tempolimit gehalten haben. Man wolle auch diese Bilder kontrollieren- ob die Fahrer vielleicht nicht abschätzige Gesten gemacht haben, die eine Beleidigungsanzeige rechtfertigen könnten. Von den Preisträgern war übrigens keiner erschienen. Wie üblich, meint Claudia Fischer von Foebud. Obwohl, eine Ausnahme hat es in den Jahren schon gegeben:

Vor zwei Jahren hat ein Preisträger es gewagt, den Preis abzuholen, das fanden wir ganz beachtlich: die Firma Microsoft schickte damals ihren Datenschutzbeauftragten und hat den Preis auch entgegengenommen. Microsoft betonte damals, man finde nicht, dass man den Preis verdiene, vielmehr habe man einen Fehler in der Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Daher nehme man den Preis als Anregung.

Der Datenmissbrauch wird wohl eher zu als abnehmen, und eine Verleihung der Big Brother Awards 2005 wird es wohl auch wieder geben:

Man fragt uns immer, warum wir mehrere Preise vergeben. Das liegt einerseits daran, dass sehr viele Datenschutzverstöße geschehen. Andererseits wollen wir auch gar nicht festlegen, dass ein Unternehmen oder eine Institution Datenschutz am schlimmsten unterläuft. Es sind verschiedene Dimensionen. Wenn wir acht wirklich starke Meldungen erhalten, dann verfolgen wir diese auch. Die Erfahrung zeigt, dass diese Preise von den Medien in den kommenden Wochen immer wieder auftauchen werden und dass sich verschiedene Branchen diese Preisträger auch herauspicken und weiter verfolgen. Damit ist das Ziel viel mehr erreicht, als dass wir sagen, das ist der Hauptpreisträger.

Claudia Sanders

Deutschlandfunk, Köln , 30. Oktober 2004
Original: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/computer/317502/

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