Bielefeld (hgk). Die „Big Brother Awards 2003" sind vergeben. Es sind Negativ-Preise für „Datenkraken". Die Preisträger zeichnen sich nach Auffassung einer kritischen Jury dadurch aus, dass sie die Privatsphäre der Bürger in erheblichem Umfang verletzen. Initiator der Preisverleihung ist der Bielefelder Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs.
Die Preise wurden gestern zum dritten Mal vergeben. In der Kategorie Arbeitswelt ging der „Big Brother Award" an die Deutsche Post-Shop-GmbH, die geringfügig beschäftigten Post-agenturnehmern vorschreibt, im Krankheitsfall den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.
Der Preis im Sektor Politik müssen sich die Innenminister von Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen teilen - für eine „zur Maßlosigkeit degradierte Prävention". Mit Verweis auf Terrorismusbekämpfung betrieben sie die Verschärfung ihrer Landespolizeigesetze. Kritisiert wird das vorsorgliche Abhören von Telefonaten und Kontrollieren von SMS. Thüringen bekam den Preis für die bereits „vollendete Tat".
Den Lifetime-Award bekam die GEZ, für unermüdlichen Einsatz bei der bedingungslosen Ermittlung von vermeintlichen Schwarzsehern. Sie kooperiere mit fragwürdigen privaten Adressenhändlern, überrumpele Mitbürger in ihren Wohnungen und nötige sie zur Herausgabe von Daten.
Der Regional-Preis ging an den Innensenator von Berlin, für die „mehr als fragwürdige Rechtfertigung des Einsatzes der so genannten ,stillen SMS' durch die Berliner Polizei", ohne däss die Empfänger von dieser Art heimlicher Standortbestimmung etwas merkten. Die Regierung der USA wurde „geehrt", weil sie von europäischen Fluggesellschaften Daten der Fluggäste verlange. T-Online erhielt den Award für unzulässige Langzeitdatenspeicherung von IP-Adressen ihrer Flatrate-Kundschaft,' die Metro-Gruppe für einen Testladen, wo ein Warenerfassungssystem gleich auch Kundenidentifizierung betreibt.
Jury und Experten verliehen gestern die „Deutschen Big Brother Awards 2003" in Bielefeld. Übrigens will sie niemand haben, die Awards. Keiner holt sie ab. Einige Institutionen sehen sich sogar zu Unrecht geehrt.
hgk
glocke Die Glocke, Oelde, 25. Oktober 2003
Original: Nicht bekannt