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Wir kennen Sie!

Die Digitalisierung des Alltags wird in den nächsten Jahren gewaltige Umwälzungen mit sich bringen, die die Frage des Copyrights genauso betreffen werden wie eine Umorientierung im ökonomischen Miteinander. Die uneingeschränkte Verfügbarkeit von Informationen wird das Selbstverständnis von ganzen Dienstleistungssektoren unterminieren und eine neue Ära des Digitalen Merkantilismus einleuten. Tauschen statt Kaufen.

Die Information als wichtigstes Kapital im Warenzyklus. Schon heute wird ein großer Teil des Kapitalverkehrs nur noch virtuell vollzogen, sei es über Kreditkarten, Online- oder Tele-Banking. Jede Transaktion wird zu einem Datensatz, der sich zu einer Privatperson zurückverfolgen lässt. Das menschliche Individuum transparent gemacht als virtuelle Matrix, errechnet aus den Daten seines Konsumverhaltens. Der Handel mit persönlichen Daten ist in Zeiten der wachsenden User-Akzeptanz des Internets zu einem einträglichen Geschäft geworden. Insbesondere Freemail-Server wie Hotmail, GMX oder web.de haben ein Marktsegment geschaffen, in dem die Privatsphäre nur noch als Resource betrachtet wird. Der Gegenwert, den die Provider für ihren kostenlosen Mailing-Service erhalten, ist ein umfangreiches Datenpaket mit allen biografischen Details des Neukunden. Die wachsenden Datenbanken sind das "Fort Know" der zukünftigen Marktforschung. Im Branchenblatt "Werben und Verkaufen" wirbt GMX auch unverhohlen mit dem Slogan "Kennen Sie auch den Schulabschluss, den Lieblingssport und das nächste Reiseziel ihrer Zielgruppe, Herr Kogel (Anm.: Senderchef von SAT 1)? Nein? Wir schon!" Und wer an diesem Wissen teilhaben möchte, muss zahlen. Die Sorglosigkeit des Kunden spielt den Data Tradern dabei in die Hände. Hinzu kommt ein laxer Umgang mit dem Datenschutz: für eine kleine Umsonst-Dienstleistung ist man heute bereit, einen Teil seiner Privatsphäre aufzugeben. Sind die anfallenden Informationen in den Fällen von Hotmail, GMX oder web.de noch isolierte Datensätze, sieht das beim Rabattsystem Payback schon ganz anders aus. Für die kundenfreundliche Effektmaximierung ihres Systems arbeitet die Firma Loyalty Partner mit den größten Unternehmen jeder Branche (u.a. DEA, AOL, real, UFA) zusammen. Das Ziel ist jedoch nicht Service, sondern die Aufstockung ihrer Kundendatenbanken zur "Unterstützung der Firmenkunden bei ihren Marketingbemühungen". Mit ihren bisher sieben Millionen Kunden ist Loyalty Partner in Deutschland momentan der emsigste kommerzielle Horter von persönlichen Daten. Bedenklich an Payback ist, dass hier die Datensätze aus den verschiedenen Lebensbereichen (die sich mit der Benutzung der "kostenlosen" Payback-Rabattkarte ansammeln) in einem Server gebündelt zusammenlaufen und so ein kohärentes Bild des Konsumverhaltens des jeweiligen Haushalts liefern. Rena Tangens von FoeBuD, die Loyalty Partner dieses Jahr für ihre Errungenschaften den "Big Brother Award" verliehen haben, entwirft folgendes Szenario: "Sollte z.B. irgendwann eine Krankenkasse im Payback-System mitmachen, könnte sie anhand meines ungesunden Lebenswandels entscheiden, mich nicht zu versichern." Das entwickelte System macht so eine Anwendung theoretisch möglich, obwohl die firmeneigenen Datenschützer von Loyalty Partner betonen, dass alle Operationen ihre legalen Möglichkeiten nicht annähernd ausschöpfen würden. Tatsache ist, dass der Große Bruder lange nicht mehr nur "da oben" sitzt, sondern auch längst in unserem Portemonnaie und Computer. Und wir hinterlassen unsere Spuren mit jedem Mouse-Klick. ab

www.bigbrotherawards.de
www.heise.de/tp, www.payback.de

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© WWW-Administration, 08 Mar 06