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Schleswig-Holstein will den gläsernen Schüler

Über Gesetzesentwurf wird heute im Landtag diskutiert

Über den Entwurf des geplanten Schulgesetzes zur Einführung einer Individualstatistik jedes einzelnen Schülers wird heute im Landtag von Schleswig-Holstein diskutiert. Dieser Worst Case der Informationssammlung und -verarbeitung über alle personenbezogenen Daten der Karrieren von Schülerinnen und Schülern dieses Bundeslandes scheint in absehbarer Zeit zur schrecklichen Realität zu werden.

Das Vorgehen solle der Erstellung von Bildungsverlaufsanalysen dienen. Jede Schülerin und jeder Schüler sollen bei der Einschulung eine Schüler-ID als Pseudonym erhalten, mit der Daten über die gesamte Laufbahn gesammelt werden. Gemeint sind damit z. B. besuchte Kurse, individuelle Besonderheiten wie Staatsangehörigkeit. Geschlecht, Muttersprache, Konfession, Förderschwerpunkte, wiederholte Klassen, Herkunft des Schülers etc. etc. Gemeint ist also eine Analyse der Schul- bzw. Abbrecherkarrieren, nicht der Rückschluss auf einzelne Schüler. Dieser aber ist durch die Verknüpfung mit der entsprechenden Schüler-ID nicht als übermäßig schwierig zu bezeichnen. Es stellt sich die Frage nach dem Sinn solcher kostspieligen Analysen, die Möglichkeiten zum Missbrauch erscheinen dem hingegen nahezu unbegrenzt. Nach Ansicht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) ist dieser Gesetzesentwurf in der geplanten Fassung sogar verfassungswidrig.

Der Jurist und Landesbeauftragte für den Datenschutz für Schleswig-Holstein Thilo Weichert dazu:

"Der Informationsbedarf der Kultusverwaltung darf nicht dazu führen, dass landesweit und bald bundesweit ein Register über sämtliche Schülerkarrieren vorliegt. Die Gefahren schon beim Gebrauch sind immens; die Missbrauchsrisiken sind unüberschaubar. Die Schülerdatei ist als Instrument geeignet, Ausbildungs- und Berufskarrieren zu zerstören."

Auf den BigBrother Awards wurde schon vor einem halben Jahr die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) für ihren Versuch, seit 2000 die lebenslangen Schüler-IDs einzuführen, mit der Preisverleihung eines Awards bedacht. Frau Karin Schuler am Ende ihres Vortrages über die Schüler-IDs anlässlich der BigBrother Awards: "Setzen: Sechs." Dem wollen wir nicht widersprechen.

Gulli, Bochum, 11. Januar 2007
Original: http://www.gulli.com/news/schleswig-holstein-will-den-2007-01-11/

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