Heute von 18 bis 20 Uhr lief in Bielefeld und via Stream die Gala der BigBrotherAwards 2011. Die unglücklichen Gewinner sind die Daimler AG, Apple, Facebook, der Deutsche Zoll, die Zensuskommission, der Verlag für Wissen und Information, Niedersachsens Innenminister Schünemann und die Modemarke Peuterey. Die verliehene Preisskulptur zeigt eine Passage aus Aldous Huxleys Roman "Schöne Neue Welt".
Weil wir leider nicht selbst vor Ort sein konnten, hier alle Auszeichnungen in Kurzform. Der BigBrotherAward (BBA) in der Kategorie Arbeitswelt ging an die Daimler AG in Stuttgart, weil das Unternehmen flächendeckend Bluttests von ihren Produktionsmitarbeitern fordert. Ursprünglich hatte man diese Bluttests auch von den Verwaltungsmitarbeitern gefordert; das wurde aber wieder eingestellt. Ebenfalls in der Kategorie „Arbeitswelt“ wurde der Deutsche Zoll „geehrt“. Der lässt es zu, dass die Daten der Beschäftigten von mehreren hundert Firmen mit russischen Antiterrorlisten des Geheimdienstes FSB abgeglichen werden. Europäische und US-amerikanische Firmen bevorzugen solche Unternehmen, die diesen Datenabgleich ihrer Mitarbeiter zulassen. Der Award in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ geht an den Vorsitzenden der Zensuskommission Herrn Prof. Dr. Wagner. Er bekommt den Preis stellvertretend für alle Beteiligten dieses Vorhabens. Mit der aktuellen Volkszählung werden sensible Persönlichkeitsprofile von über 80 Millionen Menschen erstellt, die bis zu vier Jahre nach dem Stichtag am 09. Mai 2011 personenbezogen verfügbar sind.
Der BBA 2011 in der Kategorie „Verbraucherschutz“ ging an den Verlag für Wissen und Information in Starnberg für das Abschöpfen von Adressen als Gegenleistung für Büchergutscheine. Der „Verlag“, von dem im Buchhandel keine Bücher verfügbar sind, unterhält Geschäftsbeziehungen zu einem Vitaminpillenhersteller und zu Finanzdienstleistern. Das Unternehmen lässt an Schulen in seinem Namen Büchergutscheine an Kinder verteilen. Die „Geschenke“ erhält man aber nur, wenn man Namen und Anschrift des Kindes und mindestens eines Elternteils zurück meldet. Die Jury findet: hier werden Schulen als Datenpools der Wirtschaft missbraucht. Der Negativpreis in der Kategorie „Politik“ ging heute an den Niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) für den ersten nachgewiesenen polizeilichen Einsatz einer Mini- Überwachungsdrohne bei politischen Versammlungen. Während der Demonstrationen gegen den Castor-Transport im Wendland im November 2010 haben insgesamt vier Mal so genannte „fliegende Augen“ die Demonstranten heimlich ausgespäht und kontrolliert.
Bei der Kategorie „Technik“ drehte sich, wie nicht selten bei dieser Gala, alles um RFID-Chips. Ausgezeichnet wurde die Marke Peuterey, vertreten durch die Düsseldorfer Modeagentur Torsten Müller. Peuterey bekam diese Negativ-Auszeichnung, weil sie Kleidung mit verdeckt integriertem RFID-Chip in den Verkehr bringt, der unbemerkt und berührungslos auslesbar ist. Geschickt gemacht: Die Applikation, die diesen Schnüffelchip enthält, wurde mit dem Satz „Don‘t remove this label“ bedruckt, um die Kunden vor einer Entfernung abzuhalten. Vor dem Schnüffelchip selbst wird man hingegen nicht gewarnt. Die Kategorie "Kommunikation" räumte die Facebook Deutschland GmbH ab. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, in ihrem sozialen Netzwerk mit systematischen Datenschutzverstößen Milliarden zu verdienen. Ebenfalls Preisträger für den Bereich „Kommunikation“ ist die Apple GmbH in München. Wer den 117 Displayseiten langen Datenschutzbedingungen Apples nicht zustimmt, kann sein teures iPhone nicht in vollem Umfang nutzen. App-Hersteller und Werbekunden sind aber insbesondere an den Lokalisierungs- oder Standortdaten der iPhone-Nutzer interessiert.
Ghandy
Gulli, Bochum, 01. April 2011
Original: http://www.gulli.com/news/bigbrotherawards-2011-die-preistr-ger-im-schnelldurchgang-2011-04-01