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Big Brother Award für Ticketvergabe bei Fußball-WM

dpa BIELEFELD. Die geplante Ticket-Vergabe für die Fußball-WM 2006 ist von Datenschützern am Freitag in Bielefeld mit dem Negativ-Preis „Big Brother Award“ bedacht worden.

Unter anderem „für die inquisitorischen Fragebögen zur Bestellung von WM-Tickets“ bekamen das Organisationskomitee des Deutschen Fußballbundes sowie Franz Beckenbauer persönlich in der Kategorie Verbraucherschutz die abwertende Auszeichnung.

Harsche Kritik hatte das OK erst am vergangenen Donnerstag vom Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix geerntet, der den geplanten Einsatz der Rfid-Chips als „schrittweise Aufweichung des Rechts“ bezeichnete. Bei der Fußball-WM sollen die Tickets erstmals mit einem Chip ausgestatten sein, auf dem personenbezogene Daten gespeichert werden. Damit sollen die Sicherheitsauflagen des Fußballweltverbands Fifa umgesetzt und Kontrollen in den Stadien vereinfacht werden.

Der so genannte „Schnüffelchip“ (Rfid steht für Radio Frequency Identification) habe das WM-Komitee bereits 2003 fast auf die Kandidatenliste gebracht, hieß es in der Laudatio. Die Jury habe sich damals schließlich zunächst für den Rfid-Einsatz in Metros Testsupermarkt „Future Store“ entschieden. „Aus mangelnder Fußballbegeisterung hätten wir den sich anbahnenden Datenschutz-GAU fast verpasst“, sagte Netz-Künstlerin Rena Tangens.

Zudem prangern die Datenschützer an, dass Käufer gezwungen seien, persönliche Daten wie Geburtsdatum, Fan-Zugehörigkeit und die Personalausweisnummer preiszugeben, die dann an die Fifa weitergegeben werden sollen. Inzwischen dürfen die Daten zwar nur werblich genutzt werden, wenn der Käufer ausdrücklich zustimmt, doch die „illegale Eingabe der Personalausweis-Nummer wird nach wie vor verlangt“, heißt es.

Der „Bigbrotheraward“ wird seit 1998 und in Deutschland seit dem Jahr 2000 an Unternehmen, Organisationen und Personen verliehen, die in „besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen“. Vergeben wird der Negativ-Preis vom Verein Foebud (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V.). Mit der Verleihung wollen die Organisatoren die Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz fördern.

Neben dem OK der WM erhielten eine Negativ-Trophäe auch der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily für seinen biometrischen Reisepass, die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein für eine großflächige Fahndung nach Zeugen mit Hilfe der Handy-Ortung sowie die Saatgut Treuhand Verwaltungs Gmbh für ihre „Datensammelwut“ über Bauern, die etwa „illegal“ Kartoffeln aus eigener Ernte zur Aussaat verwenden.

Handelsblatt, 28. Oktober 2005
Original: http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1129747

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