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Wachsame Sentinels gegen Big Brother

Liquide sein ist nicht alles. In einem als Schelmenroman angelegten Buch über den Niedergang der Dotcom-Blase im Großraum München beschreibt ein gewisser Don Alphonso, wie seine Helden vergeblich die Wahrheit über die seltsamen Geschäfte der Internet-Branche zu ergründen versuchen. Zwei Helden bezahlen die Chuzpe mit ihrem Leben, der dritte entkommt nach Israel. Die Handlung ist stellenweise eine wüste Kolportage, verdichtet sie doch in Romanform all die Meldungen, die tagtäglich im Gerüchteportal Dotcomtod auflaufen. Einige dieser Meldungen sind offensichtlich von gut informierten Insidern geschrieben, manch andere bieten aber auch nur heiße Luft ohne eingehende Recherche.

Als Frühindikator für die Probleme von Internet-Firmen wird Dotcomtod jedenfalls gerne von Journalisten besucht. Nun sind auch die Datenschutz-Bürgerrechtler interessiert: Dotcomtod fordert seine Sentinel (Wächter) auf, Firmen nicht nur wegen wirtschaftlicher Probleme anzuschwärzen, sondern sie auch als mögliche Kandidaten für den Big Brother Award einzureichen. Keine schlechte Idee möglicherweise: Gerade untergehende Internet-Firmen verfallen oft auf den Gedanken, mit den gesammelten Kundendaten noch einmal liquide zu werden. Häufig sind die Kundendaten sogar die einzigen "Assets", die von einer verunglückten Geschäftsidee übrig bleiben.

In einer gemeinsamen Erklärung von Dotcomtod und dem Bielefelder Verein Foebud als Ausrichter der Big Brother Awards fordern beide Seiten zu einem "intensiven Informationsaustausch" auf. In der Erklärung heißt es: "Besitzer relevanter Informationen und Fakten über Datenschnüffelei, illegaler Weitergabe, Profiling oder schludrigem Umgang mit Nutzerdaten sowie aller sonstigen Schweinereien werden gebeten, die Verantwortlichen als Preisträger vorzuschlagen."

Nominierungen für die Big Brother Awards können bis zum 31. August eingereicht werden. Die Negativpreise werden am 25. Oktober verliehen. Im vergangenen Jahr erhielt Microsoft den Lifetime Award und den Hauptpreis für die "Verdienste bei der flächendeckenden Einführung von Kontrolltechnologie für Urheberrechte: Digital Rights Management". (Detlef Borchers) / (jk/c't)

Heise Online, 08. Juli 2003
Original: http://www.heise.de/newsticker/data/jk-08.07.03-004/

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