Die Schweizer Luftwaffe, der Verband der Krankenversicherer der Schweiz und die Stadtpolizei Zürich gehörten zu den strahlenden Siegern, die am Samstag den 5. Schweizer Big Brother Award für die schlimmsten Datenschutzverletzungen verliehen bekamen. Den Preis für sein Lebenswerk sicherte sich der Nationalrat Josef Leu, seinen Landsleuten bekannt für die hartnäckige Forderung nach einer Bundessicherheitspolizei. Den Winkelried-Award, ein Anti-Anti-Preis für die, die sich gegen Überwachung und Datenmissbrauch zur Wehr setzen, bekam der Rechtsanwalt Daniele Jenni, der sich in einer Publikumswahl durchsetzte. Er hatte gegen die Bündner Kantonspolizei geklagt, die im Jahre 2004 die Daten von mehr als 1000 Demonstranten gegen das World Economic Forum rechtswidrig an die Bundespolizei weitergegeben hatte.
Die Schweizer Luftwaffe schaffte es mit einer Aufklärungsdrohne[3], die wahllos Zivilpersonen aus der Luft filmte, auf den Spitzenplatz in der Kategorie Staat. Bei den Unternehmen gewann Santésuisse, der Verband der Krankenversicherer der Schweiz. Dieser hat im Jahre 2004 mit Tarmed[4] ein neues Tarifsystem eingeführt, das Ärzte bei der Abrechnung zwingt, auf Rechnungen einen Behandlungscode einzutragen. Dieser Code wird von Datenschützern als erster Schritt zur Schaffung eines gläsernen Patienten kritisert. In der Kategorie Arbeitsplatz gewann die Zürcher Stadtpolizei mit der verdeckten Überwachung der privaten und dienstlichen E-Mail einiger Polizisten aus den eigenen Reihen. Nach dem Schweizer Recht darf ein Arbeitgeber zwar Arbeits- und Leistungskontrollen durchführen, die bei den E-Mails die "Adressierungselemente" überprüft. Das Lesen der Inhalte von dienstlichen wie privaten E-Mails ist jedoch eine systematische Überwachung, die ohne richterlichen Beschluss verboten ist. Die Schweizer Preisträger gewannen jeweils einen geschmackvoll gestalteten Betonpokal.
Auch in Deutschland steht die Verleihung der verschiedenen Big Brother Awards[5] bevor. Sie findet am 29. 10. in der Ravensberger Spinnerei zu Bielefeld statt und ist von den Veranstaltern FoeBuD, CCC, FIfF, der Humanistischen Union und der Internationalen Liga für Menschenrechte als vergnügliche "Gala mit Musik, Kabarett und den unglücklichen Gewinnern" angekündigt. (Detlef Borchers) / (jk[6]/c't) (jk/c't)
Detlef Borchers
Heise Online, Hannover
, 18. Oktober 2004
Original: http://www.heise.de/newsticker/meldung/52244