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Datenschützer "fahnden" nach Bürgerrechtsverletzern

Der Chaos Computer Club (CCC) und der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) bitten erneut die Bevölkerung um stärkere Aufmerksamkeit in Bezug auf Personen, die nach Ansicht der beiden Organisationen "Landes-, Bundes- und Menschenrecht" in diesem Jahr in besonderer Weise mit Füßen getreten haben. Neun Bürgerrechtsverletzer haben die Datenschützer dazu auf ihr viertes "Fahndungsplakat" gehoben, das im Lauf des Tages auf der Website des CCC Berlin verfügbar gemacht und am Nachmittag bei der Verleihung der deutschen Big Brother Awards in Bielefeld öffentlich präsentiert werden soll. Die "Gesuchten" stellen eine illustre Truppe dar, zu denen Bundes- wie Landesminister, eine EU-Abgeordnete sowie mehrere Konzernchefs gehören.

Schon ein alter Bekannter auf den Plakaten ist Bundesinnenminister Otto Schily. Er ist erneut dabei, weil er "die Erfassung biometrischer Merkmale in Ausweisen international vorantreibt". Im Zuge der "Sicherheitshysterie" werde dabei verschwiegen, dass die künftig in die Pässe elektronisch integrierten Gesichtsbilder und Fingerabdrücke gar nicht fälschungssicher seien. Erstmalig fahnden die beiden Vereine nach den restlichen "Rechtsbrechern": Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt rücken sie ins öffentliche Licht, weil im Rahmen des Geschachers um die elektronische Gesundheitskarte "nicht nur ein weiteres Instrument des Überwachungsstaats, sondern auch zweites Toll Collect" drohe. Nach dem bayerischen Innenminister Erwin Huber wird gefahndet, da er im Rahmen der umstrittenen Novelle des Telekommunikationsgesetzes erfolgreich die Forderung nach dem Verbot des anonymen Besitzes von Mobiltelefonen vertrat.

Für ihre "niveauvolle Lobbyarbeit" wird Janelly Fourtou "geehrt": die französische EU-Parlamentarierin habe federführend die EU-Richtlinie zur massiven Verfolgung privater Internetnutzer aufgrund potenzieller Urheberrechtsdelikte durchgesetzt. Dies komme dem mit aufs Plakat gehievten Chef des Mediengiganten Vivendi Universal -- ihrem Mann -- "sehr gelegen". Des weiteren finden sich auf der Schwarzen Liste: Zygmunt Mierdorf, Vorstandsmitglied der Metro AG, die sich wegen unbemerkt auslesbarer RFID-Chips auf Kunden-Karten bei den Datenschützern unbeliebt machte, der Lidl-Gründer Dieter Schwarz aufgrund der besonderen Überwachung seiner Mitarbeiter sowie der Armex-Geschäftsführer Dirk Teubner. Ihm wird vorgeworfen, dass dank seiner SMS-Ortungsapplikation "panische Eltern" nun ihre Kinder an die "elektronische Kette" legen könnten. Auch dabei ist Canon-Präsident Fujio Mitarai, weil die Farbkopierer der Firma die Seriennummer des Geräts in jede Kopie kodieren und so eine stetige Rückverfolgbarkeit möglich ist.

Hinweise auf die vorgeführten Personen "finden sich an jeder Stelle", wandeln die Datenschützer am Ende des Plakats die gewohnten Fahndungsaufrufe ab. "Wer diese Personen an ihrem Handeln hindert", heißt es weiter, "wird belohnt mit mehr informationeller Selbstbestimmung und mehr Schutz der Privatsphäre." (Stefan Krempl) / (jk/c't)

Heise Online, Hannover , 29. Oktober 2004
Original: http://www.heise.de/newsticker/meldung/52714

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