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And the Oscar goes to …

Diese Worte sorgen alljährlich nicht selten für Nervenflattern bei den Nominierten in Los Angeles. Den potentiellen Preisträgern der “BigBrotherAwards” dürfte das nicht anders ergehen, allerdings mit einem wohl deutlich negativen Beigeschmack. Schließlich werden dabei nicht Preise für eine herausragende schauspielerische Leistung vergeben, sondern die “sieben Oscars für Überwachung” - und zwar in Kategorien wie “Lifetime”, “Politik”, “Technik” oder “Verbraucherschutz”. Dahinter steckt hauptsächlich ein kleiner Verein namens FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V.) aus Bielefeld, der sich seit 1987 erfolgreich für Werte wie Freiheit, Demokratie und Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft einsetzt. Bekannt wurde er durch zahlreiche Aktionen wie beispielswiese das Friedensnetzwerk “ZaMir” im ehemaligen Jugoslawien oder die monatliche Veranstaltungsreihe “Public Domain“. FoeBud betrachtet außerdem kritisch aktuelle technische und politische Entwicklungen, recherchiert Fakten und Fälle der Datenschutzverletzungen und bringt sie an die Öffentlichkeit.

Dies geschieht u. a. mittels Stiftung und Verleihung der deutschen “BigBrotherAwards”, die hierzulande seit 2000 Jahr für Jahr an sogenannte “Datenpiraten” vergeben werden. Dazu gehören Personen, Behörden, Organisationen oder auch Firmen, die Technik und Informationen missbrauchen und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen. Die “BigBrotherAwards” wurden 1998 von der internationalen Menschenrechtsorganisation “Privacy International” ins Leben gerufen und erstmals in Großbritannien vergeben. Mittlerweile ist daraus ein breites internationales Netzwerk entstanden. Insgesamt verleihen 14 europäische Länder sowie Japan, Australien und die USA nun die besonderen “Negativpreise” für Datenschutzverletzungen.

Der Name der Awards stammt dabei aus George Orwells Roman “1984”, in dem er bereits 1948 die düstere Vision eines totalitären Überwachungsstaates beschrieb. “Big Brother” oder der “Große Bruder” stellt darin nach dem Vorbild Hitlers oder Stalins den praktisch unsichtbaren, nur in der Propaganda existierenden Herrscher dar. Die totale Überwachung der Gesellschaft wird mittels technischer Mittel von seiner Partei aus gesteuert. Auch eine Preisskulptur darf bei der deutschen Award-Verleihung in Bielefeld natürlich nicht fehlen. Die Statue der “Oscars für Überwachung” stellt eine von einer Glasscheibe durchtrennte und mit Bleiband gefesselte Figur dar. Mit dieser Skulptur zeigt der Künstler Peter Sommer eine Passage aus dem Roman “Schöne neue Welt” von Aldous Huxley, der wie “1984” eine fiktive Gesellschaft beschreibt, die sich zum Negativen entwickelt hat. Neben dem FoeBud e. V. setzt sich die Jury der “BigBrotherAwards” aus sechs weiteren unabhängigen Organisationen zusammen. Seit 2003 gehört dazu auch die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR).

“Big Brother is watching you” - dieser Satz betrifft mittlerweile jeden Einzelnen in einer Gesellschaft, in der die Benutzung von Handys und Internet längst zum Alltag geworden ist. Standorte von Mobiltelefonen können minutiös gespeichert werden. Ebenso bedeutet die Auszeichnung des Mail-Anbieters GMX für unzureichende Sicherung der Post seiner User durch das “BigBrotherAward”-Kommitee im Jahr 2000 nichts Gutes. E-Mails und andere Datenspuren können leicht in die Hände Unbefugter geraten. An dieser Stelle wollen die “BigBrotherAwards” eingreifen. Die Award-Verleihung bedeutet für die Organisation: “Frühzeitig einschreiten, Bürgerrechte schützen, Demokratie stärken” - und “Datenpiraten” durch öffentliche Aufmerksamkeit in Verlegenheit bringen. Ihnen werden nämlich von Seiten der “BigBrotherAwards Deutschland” die unbeliebten großen Schlagzeilen in den Medien garantiert. Damit hat die Organisation bereits einiges bewirkt, z. B. die Entfernung von RFID-Chips, die sich ohne Informationen der Händler in den Kundenkarten des METRO-Konzerns befanden. Solche Chips könnten problemlos feststellen, wer wann etwas wo gekauft hat oder auch nur vor einem Regal stehen geblieben ist, wer wann den Laden betreten hat, usw. und verletzen somit grob die Privatsphäre aller Kunden. Dank des Einsatzes von FoeBud e. V. kann man dort nun auch in Zukunft wieder seine Einkäufe ohne Spionage erledigen.

Trotz allen Erfolgs bleibt er allerdings ein kleiner und unabhängiger Verein, der seine zahlreichen Aktion nur schwer mit ehrenamtlichen Helfern bewältigen kann. So würde bereits ein nur kleiner monatlicher Spendenbetrag finanziell eine große Entlastung für FoeBud bedeuten. Anderweitig mitwirken kann man, indem man ihm Informationen über die neuesten “Datenpiraten” in Form von Nominierungen für die “BigBrotherAwards 2006” zukommen lässt. Dies ist bis zum 31. Juli 06 möglich, verliehen werden die diesjährigen Awards dann am 20. Oktober 06 in Bielefeld. Aktiv werden lohnt sich! Denn Datenschutz betrifft uns alle und darf nicht zur Glückssache werden.

l'optique - Dein Magazin, Weiden/Opf, 31. Mai 2006
Original: http://www.optique-weiden.de/?p=533

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