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Agentur für Arbeit erhält «Big Brother Award»

Datenschützern kritisieren Eingriffe in die Privatsphäre der Bundesbürger

Bielefeld/dpa. Für ihre «inquisitorischen Fragebögen» zum neuen Arbeitslosengeld II erhält die Bundesagentur für Arbeit von Datenschützern in diesem Jahr den Negativ-Preis «Big Brother Award». Auch Justizministerin Brigitte Zypries, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (beide SPD), der Kopierer-Hersteller Canon, der Discounter Lidl und der Versand Tchibo Direct wurden am Freitag in Bielefeld für Eingriffe in die Privatsphäre der Bundesbürger kritisiert. In der Jury sind unter anderem die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, der Chaos Computer Club und die Internationale Liga für Menschenrechte vertreten. Der «Big Brother Award» wird in 17 Staaten vergeben.

Die Jury wirft dem Tchibo Direct-Versand vor, zwar vertrauliche Behandlung der persönlichen Kundendaten zuzusichern, die Anschriften aber am Adressenmarkt weiterzuverkaufen.

Gesundheitsministerin Schmidt ist wegen der Gesundheitsreform ins Visier der Experten geraten: Seit dem 1. Januar 2004 rechneten die Krankenkassen die Kosten nicht mehr anonymisiert und fallbezogen ab, sondern erhielten neben den Rechnungen von Apotheken und Krankenhäusern auch die von sämtlichen ambulanten Behandlungen personenbezogen übermittelt. Damit entstehe bei den Krankenkassen ein lückenloses Krankheitsprofil sämtlicher Mitglieder. Trotz rechtzeitiger Warnungen sei das System nicht geändert worden.

Canon wird vorgeworfen, dass seine Farbkopierer auf allen Ausdrucken unsichtbare Kennnummern hinterließen. Dafür habe die Jury Beweise. In der Kategorie «Arbeitswelt» wurde Lidl benannt: «Besonders auszeichnungswürdig erschien der Jury die heimliche Videoüberwachung in einigen der deutschen Filialen», hieß es. Zypries wurde für das Festhalten am Großen Lauschangriff kritisiert.

Auch die Universität Paderborn wird gerügt, weil Hörsäle und Rechnerräume mit Videokameras überwacht würden. Die Hochschule wies den Vorwurf zurück. Die Maßnahme sei mit der NRW-Landesbeauftragten für Datenschutz abgesprochen und diene dem Schutz vor Diebstahl. Im Blickfeld der Kameras seien nur die Geräte wie etwa Rechner.

Außerdem kritisierten die Juroren einen Gladbecker Hersteller von Kinder-Peilsystemen für besorgte Eltern wegen des «Ausnutzens diffuser Ängste». Der Preis wurde zum 5. Mal vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs in Bielefeld vergeben.

Mitteldeutsche Zeitung, Halle (Saale) , 29. Oktober 2004
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