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Wenn der GEZ-Mann an der Decke horcht

Manche melden ihren Fernseher einfach an. Andere nicht und bleiben jahrelang unbehelligt. Doch irgendwann steigen den meisten die GEZ-Fahnder aufs Dach. Gruselgeschichten gibt es viele, und die Gebühreneinzugszentrale kämpft um ihr Image.

Meist sind diese Geschichten dem Freund von einem Freund passiert. Auf der Leiter steigt der GEZ-Mitarbeiter empor, um an der Wänd zu lauschen, heißt es, von der Straße späht er nach dem Flimmern des Fernsehers in der Wohnung. Die Medien resümieren das Ganze als «inquisitorischem Auftreten» der sogenannten Rundfunkbeauftragten, die auch an der Haustür ziemlich rabiat vorgehen sollen. Das Image der GEZ ist ramponiert.

Gerüchte halten sich bekanntlich hartnäckig, und auch Christian Kramer, Abteilungsleiter für Rundfunkgebühren beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Leipzig, kennt die Geschichten. Er verweist auf das gutes Beschwerde-Management der Anstalt. Jeder Hinweis auf Fehlverhalten der Beauftragten an der Haustüre werde beim MDR geprüft, versichert er.

Für die Rundfunkgebühr sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesländer verantwortlich, eingesammelt wird das Geld seit 1976 zentral von der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln. Die Mitarbeiter im Außendienst, die an der Haustüre klingeln, besetzen dann die jeweiligen Länder-Anstalten selbst.

Die Medien zeigten, da ist sich Christian Kramer sicher, nur ein bestimmtes Bild von GEZ-Mitarbeitern. «Es gibt stereotype Berichte über Rundfunkbeauftragte, die sollte man gelassener sehen. Es kommt immer darauf an, wie diese Fälle dargestellt werden. Wir wollen bei niemandem in die Wohnung eindringen, besonders die weiblichen Mitarbeiter nicht.» Bei der Arbeit im Außendienst gehe es darum, die Gleichberechtigung unter den Rundfunkteilnehmern zu wahren. «Es entsteht ein Flurschaden, wenn sich die Menschen nicht anmelden. Das geht zu Lasten derer, die ihre Geräte ordentlich angemeldet haben.» Die Beauftragten hätten die Aufgaben «vor Ort zu prüfen, zu informieren, auf die Gesetzeslage hinzuweisen und Befragungen durchzuführen.» Für die Rundfunkteilnehmer gelte laut Rundfunkgebührenstaatsvertrag eine Auskunftspflicht.

BigBrother-Award auf Lebenszeit für die GEZ

Allerdings liege bei den Methoden zur Datenermittlung einiges im Argen, meint Rena Tangens, Gründerin des Vereins FoeBud e.V., der sich für Datenschutz einsetzt und jedes Jahr den deutschen BigBrother-Award verleiht. «Die Beauftragten arbeiten nach dem Erfolgsprinzip» - da gehe es auch um «Fangprämien», sagt Tangens. Der GEZ verlieh der unabhängige Verein bereits 2003 einen Preis auf Lebenszeit: für «deren unermüdlichen Einsatz bei der bedingungslosen Ermittlung von Schwarzseherinnen und Schwarzhörern». So steht es in Laudatio.

Fehlender Datenschutz und der Rückgriff auf Adressdatenbanken wurde von der BigBrother-Jury besonders anprangert. «Wir bekommen immer noch viele Hinweise aus der Bevölkerung wegen der Weitergabe der Personendaten von Zeitschriftenabonoments und durch das Einwohnermeldeamt», schildert Rena Tangens die Situation. Rechtlich ist dagegen nichts einzuwenden, denn die Nutzung von Adressdatenbanken wurde im Jahr 2005 durch eine Änderung im Rundfunkgebührenstaatsvertrag legitimiert. Christian Kramer vom MDR sieht darin ein wichtiges Instrument für die so genannte Marktbearbeitung. «Die Adresshändler haben eine Sorgfaltspflicht. Auf das Anmieten von Adressen und auf Mailings können wir aber nicht verzichten.» Er spielt damit auf die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an, möglichst alle anmeldepflichtigen Teilnehmer für die GEZ zu erfassen.

Die Rundfunkteilnehmerzahlen lassen sich mit den Haushalten im jeweiligen Sendegebiet vergleichen. Gibt es zu wenige registrierte Teilnehmer, verlangt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten entsprechende Maßnahmen. Im Gebiet des MDR wird beispielsweise mit rund 96 Prozent die höchste Abdeckung bei Fernsehgeräten unter den deutschen Rundfunkanstalten erreicht.

Um den Ruf in der Öffentlichkeit zu verbessern, hat die GEZ vor zwei Jahren eine Anzeigen-Kampagne gestartet, bei der unter anderem Prominente mit dem Slogan «Natürlich zahl' ich» werben. Das Wühlimage der Rundfunkbeauftragten wird mit Werten wie Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität innerhalb der Gemeinschaft der Rundfunkteilnehmer kontrastiert. Wie ein selbstverständliches Bekenntnis zur Gebührenzahlung sollen die Plakate und Fernsehspots rüberkommen - «dessen Wirkung sich auch die Gebührenverweigerer und bewussten Nichtanmelder nur schwer entziehen können», wie die GEZ es formuliert. Konkrete Nachfragen möchte die Presseabteilung nur schriftlich beantworten. In Köln gibt man sich bedeckt.

Die GEZ bekommt auch anderweitig Medienaufmerksamkeit, etwa dann, wenn Briefe zur Rundfunkgeräteanmeldung an den Dichter Friedrich Schiller oder Rechenmeister Adam Ries versandt werden. Christian Kramer vom MDR nennt diese Pannen «ärgerlich». Dabei hält er das System der GEZ für sehr gut: «Die Gebührenerhebung in ihrer derzeitigen Form ist ein hoch effizientes Massenverfahren. Günstiger geht es bei der aktuellen Gesetzgebung nicht.»

BigBrother-Award-Organisatorin Rena Tangens hält die Rundfunkgebühr in ihrer derzeitigen Form dagegen für nicht mehr zeitgemäß. «Eine Abschaffung der GEZ ist aber keine Lösung», denn auch wer seinen Fernseher nicht nutze, profitiere vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Mit dieser Meinung steht Rena Tangens nicht alleine da, die GEZ-Kampagne macht deutlich, dass die Mehrheit der Teilnehmer die Unabhängigkeit und Vielfalt des Programms schätzt.

Das wird allerdings auch durch stetig steigende Gebühren gewährleistet. Für ein Fernsehgerät sind zur Zeit monatlich 17,98 Euro fällig, Internet-PCs werden mittlerweile als neuartige Rundfunkgeräte geführt und mit einer Gebühr von 5,76 Euro belegt, solange kein anderes Gerät angemeldet ist. Christian Kramer weiß, dass mehr und höhere Rundfunkgebühren nicht zum besseren Image der GEZ beitragen werden. «Wir wollen nicht zu sehr an der Gebührenschraube drehen, sonst will irgendwann die Mehrheit der Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr.»

Oliver Neumann

news.de, Leipzig, 25. Oktober 2009
Original: http://www.news.de/gesellschaft/855029818/wenn-der-gez-mann-an-der-decke-horcht/1/

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