RHEINBERG. Der frisch verliehende "Big Brother Award 2003" bringt den Metrokonzern in Zugzwang. Der in Bielefeld verliehene und bundesweit beachtete Preis gehört zu jenen, die man lieber nicht bekommt: Datenschutz-Aktivisten würdigen mit ihm bedenkliche Eingriffe in die Privatsphäre. Im Fall des Handelskonzerns geht es um "Radio Frequency Identification" (RFID) - eine Technologie, die Waren-Strichcodes durch Chips ersetzt und die von der Metro im Rheinberger "Future Store" erprobt wird. Kunden können sie dort zur Navigation durch den Supermarkt nutzen. Datenschützer fürchten, dass diese Einkaufshilfe den gläsernen Kunden zum Ziel hat. Sie warnen vor "einer neuen Dimenson des Konsumterrors".
"Wir haben diesen Preis absichtlich zu einem Zeitpunkt verliehen, wo es noch keinen konkreten Datenschutzverstoß gegeben hat", betonte Jury-Mitglied Rena Tangens im Gespräch mit der Redaktion. Es sei eine Auszeichnung mit Blick auf die Zukunft, so Tangens weiter. Da stehe zu erwarten, dass diese Technologie nicht nur eine Identifikation von Waren erlaubt, sondern gleichzeitig auch der Kunden, die sich für diese Waren interessieren. So ließen sich präzise Kundenprofile erfassen, die eine neue Dimension von Werbemaßnahmen und gezielten Manipulationen ermögliche.
Die Metro sieht sich zu Unrecht am Pranger. Der Preisverleihung in Bielefeld war das Unternehmen ferngeblieben, unter anderem weil es einen "nicht sachgerechten Umgang" mit dem Thema vermutete. Metrosprecher Albrecht von Truchseß betonte im Gespräch mit der Redaktion, eine Verknüpfung des RFID-Chips zu persönlichen Kundendaten sei zu keiner Zeit möglich. "Vorurteile gegenüber der neuen Technologie" werde man mit einer Informationsoffensive in dem "Future Store" an der Moerser Straße begegnen.
HOLGER DUMKE
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, 27. Oktober 2003
Original: http://archiv.nrz.de/main_mappe2.asp?file=3&docid=00788030&verid=001