BIELEFELD. Dass auch Stromzähler sich für Spitzeldienste eignen: Der Jury der diesjährigen Big Brother Awards, die gestern Abend in Bielefeld verliehen wurden, war es eine von acht Auszeichnungen wert. Der Stromanbieter "Yello" bekam sie für seine Digitalstrom-Technik für Privatkunden, die den Stromverbrauch in Wohnungen sekundengenau und per Internet von jedem Punkt der Erde überwachen kann.
Seit acht Jahren gibt es den Negativ-Preis für Datenschutzmissbrauch nun auch in Deutschland. Der Kreis der Einsender wird mit jedem Jahr größer. Diesmal hatte die Jury der Bielefelder Datenschutzvereinigung Foebud aus 500 Vorschlägen auszuwählen.
War es im vergangenen Jahr unter anderem Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), die für den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung einen Big Brother Award zugesprochen bekam, folgte diesmal Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Er wurde - in Abwesenheit - stellvertretend ausgezeichnet für die Mitglieder des Deutschen Bundestags, für deren "Durchwinken mehrerer Gesetze, die eine Erhebung, langfristige Speicherung und Weitergabe von detaillierten Daten über Reisende erzwingen".
Die weiteren Preise gingen diesmal an: Die Deutsche Telekom (Bespitzeln von Journalisten und Aufsichtsräten); den EU-Ministerrat (für die "demokratisch nicht legitimierte EU-Terrorliste"); der Arbeitskreis Deutscher Marktforschungsinstitute (für seine Richtlinie, Telefoninterviews "im Bedarfsfall" heimlich mitzuhören); die Deutsche Angestellten Krankenkasse DAK (weil sie 200 000 Patientendaten chronisch Kranker sozusagen außer Haus hatte bearbeiten lassen); das Bundeswirtschaftsministerium für die zentrale Erfassung aller Einkommensdaten von Arbeitnehmern. (dae/NRZ)
Mehr Infos unter: www.bigbrotherawards.org
dae
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, Essen, 25. Oktober 2008
Original: Nicht bekannt