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Preis für große Brüder

Vorschläge können noch bis 25. September eingereicht werden

VON ANKE GROENEWOLD

Peter SommerDer Preispadeluun Bielefeld. Datenfrevler können sich warm anziehen: Am 26. Oktober wird ihnen ein kalter Wind in Form des ersten deutschen "Big Brother Awards" entgegen wehen. Er geht an Institutionen, Firmen oder Organisationen, die "die Privatsphäre von Menschen nachhaltig beeinflussen", erklärt padeluun vom Bielefelder "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs", kurz FoeBuD.

Der Bielefelder Verein hat sich dafür stark gemacht, dass sich der schon seit längerem in England und den USA vergeben Preis auch in Deutschland etabliert. Der FoeBuD organisiert die Vergabe des ersten "Großen Bruder Preises" gemeinsam mit dem Chaos Computer Club und der Deutschen Gesellschaft für Datenschutz. Zwölf Nominierungen liegen bereits vor. Wer zu den šbeltätern gehört, die hierzulande den illegitimen Gebrauch personenbezogener Daten ermöglichen oder fördern, wollen die Organisatoren allerdings erst zur Preisverleihung am 26. Oktober ab 16.00 Uhr im Bunker Ulmenwall in Bielefeld verraten.

Bis zum 25. September können noch Vorschläge eingereicht werden. Sie sollten möglichst fundiert und ausführlich begründet sein. je weniger Rückfragen wir stellen müssen, desto besser", so padeluun. Gleichwohl hat die Jury, der unter anderem der Datenschützer Dr. Thilo Weichert und Hans Hübner vom Chaos Computer Club angehören, natürlich den Auftrag, zu recherchieren, ob die Vorwürfe stichhaltig sind.

"Wir haben auch schon anonyme Postkarten bekommen, wo draufsteht, Bill Gates soll den Preis kriegen-, erzählt padeluun. Aber der erfolgsverwöhnte Software-Mogul hat keine Chance auf den "Big Brother Award". Bei der Auswahl solle nicht durch die ideologische Brille geschaut werden, versichert padeluun. "Es soll etwas šberraschendes sein, womit die Leute nicht rechnen."

Dass sich die Auserwählten nicht geschmeichelt fühlen werden, ist klar. Sie sollen bei der Zeremonie jedoch Redezeit eingeräumt bekommen, um Stellung zu nehmen. Sinn des Preises ist es vor allem, Missstände aufzudecken und die ™ffentlichkeit aufmerksam zu machen. Datenschutz sei ein Thema, das in Deutschland nur wenig Beachtung finde, erläutert FoeBuD. Erst mit der Ausbreitung von Internet und Heimcomputern könnten viele Menschen ahnen, welche Gefahren das Sammeln und Verknüpfen von Daten in sich berge.

Peter Sommer wird die erste deutsche Trophäe gestalten

"Und dann kommt der berühmte Satz Ich habe nichts zu verbergen'. Wir wollen zeigen, warum es selbst dann wichtig ist, nicht alle Informationen rauszugeben", so padeluun. Der "Big Brother Award" soll Aufklärungsarbeit leisten. "Obwohl mir der Name nicht gefällt", so padeluun. ßig Brother" gehe auf Orwells Roman" 1984" zurück, und beziehe sich auf den šberwachungsstaat. Dagegen liege die Datenmacht heute eher in privater Hand. Die erste Trophäe wird der in Oerlinghausen lebende Künstler Peter Sommer gestalten. "Es ist eine init einem Bleiband gebundene Figur ausTerrakotta, die in der Mitte von einer Glasscheibe gespalten wird", erläutert Sommer, der im Oktober Honorarprofessor an der Uni Bielefeld wird. "Der Mensch ist an die Zeichen gebunden, sie gehen quer durch sein Wesen, verletzen ihn aber auch", erläutert Sommer. Die Glasplatte will padeluun gestalten. Sie soll eine Passage aus Huxleys Roman "Schöne neue Welt in binärem Code tragen. Finanziert wird der "Big Brother Award", der zeitgleich auch in ™sterreich und in der Schweiz verliehen wird, von den Organisatoren. Im kommenden Jahr will FoeBuD beim Bundeswirtschaftsministerium eine Förderung beantragen.

Mehr im Internet: www.big-brother-award.de

Neue Westfälische, 22. September 2000

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