Am Freitag, den 25. Oktober 2002, verlieh der Verein FoeBuD in Bielefeld zum dritten Mal die Deutschen Big- Brother-Awards, den "Negativ-Preis für Datenkraken". Die Preisträger verletzen nach Meinung der Jury erheblich die Privatsphäre der Bürger. FoeBuD will mit den diesjährigen Big-Brother-Awards wieder auf den mißbräuchlichen Gebrauch von Technik und Informationen hinweisen. Der Jury gehören neben dem FoeBuD der Chaos Computer Club, FITUG, FifF, Rolf Gössner und die Deutsche Vereinigung für Datenschutz an. In diesem Jahr beteiligt sich erstmalig auch die Humanistische Union. Die Preise wurden in in acht Kategorien vergeben, unter anderem 'Politik', 'Verbraucherschutz', 'Arbeitswelt' und 'Kommunikation'.
Die Initiatoren des Preises sind dabei international vernetzt: Bereits in zwölf europäischen und zwei nicht-europäischen Ländern werden Big-Brother-Awards vergeben. Der Name der Preise ist George Orwells Buch '1984' entnommen, in dem er bereits Ende der vierziger Jahre seine Vision einer zukünftigen Gesellschaft entwarf, die unter totaler Überwachung steht. Durch die Big Brother Awards soll das abstrakte Thema Datenschutz durch konkrete Beispiele anschaulich und allgemein verständlich werden.
Big-Brother-Awards erhielten in den letzten Jahren beispielsweise das Scoringverfahren der Informa GmbH, die Videoüberwachung der Bahn und die Payback-Karte.
Microsoft AG (Kategorie: Lifetime-Award)
Die Microsoft
AG erhält den Big-Brother-Award für das Lebenswerk wegen der Summierung von Privacy-Problemen über viele Jahre hinweg (heimliche Registrierung, Passport, XP-Service-Pack 1, Palladium, .net). Dieser Preis
ist gleichzeitig der Hauptpreis der Big-Brother-Awards des Jahres 2002
wegen der Realisierung von DRM (Digital Rights Management) durch die Hintertür
(Windows Media Player).
Bayer Aktiengesellschaft (Kategorie: Arbeitswelt)
Die Bayer AG, Leverkusen, erhält den BigBrotherAward in der Kategorie
Arbeitswelt für ihre demütigende Praxis Auszubildende vor der
Einstellung einem sogenannten Drogenscreening zu unterziehen.
Innenminiter NRW Dr. Fritz Behrens (Kategorie: Regionalpreis)
Der hessische Innenminister Volker Bouffier erhält den Big-Brother-Award
der Kategorie Politik, weil er im Land Hessen die vom Gericht verbotene
Rasterfahndung per Gesetzesnovellierung quasi durch die Hintertür
wieder eingeführt hat.
Deutsche Post AG (Kategorie: Verbraucherschutz)
Die Deutsche Post AG erhält den Preis in der Kategorie Verbraucherschutz
wegen des datenschutzwidrigen Umgangs mit Daten aus den Post-Nachsendeanträgen (erzwungenes Doppeltes Opt-Out). Nur wer zweimal ausdrücklich widerspricht,
kann verhindern, dass seine ihre Adresse weiter gegeben wird.
Hessischer Innenminister Volker Bouffier (Kategorie: Politik)
Der hessische Innenminister Volker Bouffier erhält den Big-Brother-Award
der Kategorie Politik, weil er im Land Hessen die vom Gericht verbotene
Rasterfahndung per Gesetzesnovellierung quasi durch die Hintertür
wieder eingeführt hat.
Deutscher Bundesrat (Kategorie: Kommunikation)
Der Deutsche Bundesrat erhält den Big-Brother-Award der Kategorie Kommunikation für seinen Beschluss, Telekommunikations(dienste)anbieter
zu verpflichten, die Verbindungsdaten von allen Nutzerinnen und Nutzern
für eine nicht festgelegte Dauer für Zwecke von Polizei und
Geheimdienste auf Vorrat zu speichern (Vorratsdatenspeicherung).
Toll Collect GmbH (Kategorie: Technik)
Die Toll Collect GmbH erhält den Big-Brother-Award in der Kategorie
Technik, da mit der satellitengestützen Erhebung und zentralen Verarbeitung
der Bewegungsdaten von Kraftfahrzeugen eine neue Dimension der Beobachtung
von Verkehrsteilnehmern möglich wird. Die Zusicherung der Betreiber,
dem Datenschutz zu genügen, erscheint uns bei der Größenordnung
der Erfassung und den Möglichkeiten der Auswertung nicht angemessen.
Bundeskriminalamt, BKA (Kategorie: Behörden + Verwaltung)
Das Bundeskriminalamt
erhält den Big-Brother-Award in der Kategorie Behörden und Verwaltung
wegen der Einführung der drei Präventivdateien LIMO (Gewalttäter Links) REMO (Gewalttäter Rechts) und AUMO (politisch motivierte Ausländerkriminalität).
Politik Digital, 25. Oktober 2002
Original: http://www.politik-digital.de/netzpolitik/datenschutz/bigbrother02.shtml