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Big Brother Award 2012 für die Cloud

Die Cloud hat einen Big Brother Award 2012 bekommen. Im Grunde gilt der vom FoeBuD e.V. organisierte Negativpreis aber allzu sorglosen Anwendern und gibt diesen Denkanstöße.

Am Freitag wurden in Bielefeld die Big Brother Awards 2012 vergeben. Sieger in der Kategorie Kommunikation war diesmal keine Institution oder Person, sondern die Cloud – "als Trend, den Nutzerinnen und Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zu entziehen."

In ihrer Laudatio führte Datenschutzaktivistin Rena Tangens aus, warum die Cloud für die Jury einer bedrohlichen Gewitterwolke ähnele. Aufmerksamen Zuhörern wurde dabei aber schnell klar, dass sich die vorgetragene Kritik keineswegs allein gegen eine bloße IT-Architektur richtete, sondern auch gegen den Umgang mit dieser. So habe nicht nur die Cloud eine "Grenze zwischen Nutzerfreundlichkeit und Bevormundung durch Technik" längst überschritten. Der gleiche Vorwurf richtete sich besonders auch gegen verschiedene Hersteller und Dienstleister.

Im Cloud-Kontext griff Tangens beispielsweise das Unternehmen Apple an, das sich in den Nutzerbedingungen vorbehalte, verschlüsselte iCloud-Daten einzusehen und weiterzugeben. Die Laudatorin hinterfragte zudem von Cloudspeicher-Anbieter Dropbox verwendete Verfahren zur Einsparung von Speicherplatz. So könne das Unternehmen eigentlich verschlüsselte Anwenderdaten auslesen und berechne damit Hashwerte, um identische Dateien nur einmal vorhalten zu müssen – nutzerübergreifend. Europäische Rechenzentren kein Garant für Datenschutz

Europäische Rechenzentren sind für Tangens übrigens kein Garant für Datenschutz. Mit Verweis auf das US-Antiterrorgesetz "Patriot Act" und "FISA Amendments Act of 2008" (Foreign Intelligence Surveillance Act" beklagte Tangens, dass US-Betreiberfirmen US-Behörden den Zugriff auf Daten europäischer Kunden geben müssen.

Etwas polemisch beantwortete Tangens die Frage nach dem Erfolg der Cloud und unterstellte Nutzern, ihren Verstand für kostenlose Angebote auszuschalten. Die Frage nach dem Sinn von kostenpflichtigen Angeboten und Private Clouds im Unternehmensumfeld klammerte die Laudatorin aus. Weitere Awards für Politik und Wirtschaft

Weitere Big Brother Awards gingen in diesem Jahr an den Sachsens Innenminister Markus Ulbig, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, Spieleanbieter Blizzard Entertainment, Softwareproduzenten Gamma International und Arbeitgeber Bofrost.

Die Big Brother Awards werden in Deutschland seit 2000 vergeben und vom FoeBuD e.V. (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) organisiert. Die Organisatoren kritisieren damit "Firmen, Organisationen und Personen [...], die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen."

Zur Jury des Big Brother Award gehören Vertreter von FoeBuD e.V., Deutscher Vereinigung für Datenschutz (DVD), Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (Fitug), Chaos Computer Club (CCC), Humanistische Union (HU) und Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR).

Dirk Srocke / Florian Karlstetter

searchdatacenter.de, 15. April 2012
Original: http://www.searchdatacenter.de/themenbereiche/management-planung/strategische-projekte/articles/360665/

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