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Big-Brother-Awards

Über die Gier der Datensammler

Datenschützer und Bürgerrechtler verleihen jährlich die "Big Brother Awards" an Firmen und Behörden, die manisch Daten sammeln und Menschen überwachen. Dieses Jahr ist der Philips-Konzern dabei. stern.de dokumentiert die Preisträger.

Überall werden Daten gesammelt, gespeichert und ausgewertet - ohne den Datenschutz zu beachten. Die Organisatoren der "Big Brother Awards" picken sich jährlich Behörden und Firmen raus, die genau das tun. Auf einer großen Gala in Bielefeld werden die Awards am Freitagabend verliehen und selbstverständlich werden die Preisträger nicht persönlich vor Ort erscheinen. Zu den "Ausgezeichneten" zu gehören, ist schließlich keine Ehre.

stern.de dokumentiert die diesjährigen Preisträger und die Kurzbegründungen der Jury. Unter den Preisträgern ist zum Beispiel der Unterhaltungskonzern Philips, dessen CD-Brenner ihre Seriennummer auf die Rohlinge eintragen und damit die Rückverfolgung von Kopien zum Brenner sichern. Auch die Bundesinnenministerkonferenz steht auf der Liste, vor allem wegen der geplanten Anti-Terror-Datei. "Mit dieser Verdachtsdatei wird eine wichtige demokratische Lehre aus der deutschen Geschichte weitgehend entsorgt: die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten, mit der eine unkontrollierbare Machtkonzentration der Sicherheitsapparate verhindert werden sollte", schreibt die Jury.

Im Netz: Website der "Big Brother Awards www.bigbrotherawards.de

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister

Die Begründung der Jury: "Für das Vorhaben, lebenslange Schüler-IDs einzuführen, ohne die individuellen Bildungsdaten an feste Zwecke zu binden und vor Missbrauch und unberechtigtem Zugriff zu schützen. Ob Statistiken über individuelle Schülerlaufbahnen die Bildungsmisere beseitigen sei dahingestellt - ohne die Beachtung grundlegender Datenschutzanforderungen (enge Zweckbindung, Zugriffsschutzkonzept, technische Schutzkonzepte, Löschkonzepte, Kontrollvorgaben) wird das Vorhaben jedenfalls zum Datenschutz-GAU."

Mitglieder des 4. Landtags von Mecklenburg-Vorpommern

Die Begründung der Jury: "Für die gesetzliche Erlaubnis zur verdachtsunabhängigen Tonaufzeichnung in öffentlichen Gebäuden und auf öffentlichen Plätzen in ihrer Umgebung sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Ordnungsbehörden können diese Überwachungsmaßnahmen anordnen, sobald 'Tatsachen, die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten begangen werden sollen' - es gibt also quasi keine Hürde und keine Definition für eine solche Anordnung. Genau wie die allgegenwärtige Videoüberwachung (BBA 2004 und 2005) wird das Risiko, belauscht werden zu können, Menschen in der Ausübung ihrer demokratischen Grundrechte Meinungsfreiheit und Entfaltung ihrer Persönlichkeit behindern."

Ständige Konferenz der Innenminister und senatoren der Länder

Die Begründung der Jury: "Für ihren Beschluss, eine zentrale Anti-Terror-Datei zu errichten, die auf elektronischem Wege zu einer 'sicherheitspolitischen Wiedervereinigung' von Polizei und Geheimdiensten führt. Fast 40 Sicherheitsbehörden von BND, MAD und Verfassungsschutz über Bundespolizei und Landeskriminalämter bis hin zum Zollkriminalamt sollen personenbezogene Daten von 'Terrorverdächtigen' und deren Kontaktpersonen einspeichern und darauf Zugriff erhalten. Mit dieser gemeinsamen Verdachtsdatei wird eine wichtige demokratische Lehre aus der deutschen Geschichte weitgehend entsorgt: die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten, mit der eine unkontrollierbare Machtkonzentration der Sicherheitsapparate verhindert werden sollte."

Philips GmbH, Abteilung Unterhaltungselektronik

Begründung der Jury: "Für die Vorgabe, dass CD-Brenner ihre eindeutige Seriennummer auf den Rohling schreiben und damit eine Rückverfolgbarkeit von Datenträgern zum Brenner ermöglichen. Begründet wird dies mit der Notwendigkeit, Raubkopierer ermitteln zu wollen. Dabei ist es in Deutschland nicht strafbar, Musik-CDs oder Filme für den privaten Gebrauch zu brennen. Lediglich ein technisch wirksamer Kopierschutz darf nicht umgangen werden."

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.

Begründung der Jury: "Für die Warn- und Hinweisdateien der Versicherungswirtschaft, mit denen Versicherungen umfangreiche Daten von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern austauschen nach geheimgehaltenen Kriterien, ohne ausreichende rechtliche Grundlage und ohne Wissen der Betroffenen."

Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift)

Begründung der Jury: "Für die Übermittlung von Überweisungsdaten an US-Behörden. Swift-Europa stellt den US-Behörden seit fast fünf Jahren über sein US-amerikanisches Operation-Center die Daten internationaler Banktransaktionen zur Verfügung. Dabei werden nicht nur die Daten weitergegeben, bei denen Konten in den USA betroffen sind, sondern Swift spiegelt auch seine innereuropäischen Daten zur Sicherung auf die Server von Swift-USA."

stern online, 20. Oktober 2006
Original: http://www.stern.de/computer-technik/computer/574515.html

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