Handys, GPS-Armbänder, RFID-Chips und Bluetooth-Sender: Die Möglichkeiten, verschiedenste Funk- und Ortungstechniken einzusetzen, um Kinder zu kontrollieren, sind vielfältig. Vorjahren entwickelt, um Strafgefangene im offen Vollzug zu überwachen, wird die Technik erst durch die Nachwuchs-Überwachung zum Geschäft.
Seit etwa einem Jahr bietet die Gladbecker Firma armex mit dem Dienst "Track your Kid" besorgten Eltern an, den Aufenthaltsort ihrer Kinder jederzeit zu ermitteln. "Wir können uns über Nachfrage nicht beklagen, seit November haben wir 7000 Kunden gewonnen. Es werden außer Dl alle Netze unterstützt und von den Eltern kommen in Durchschnitt 8 Nachfragen in der Woche", sagt Dirk Teubner, Geschäftsführer der armex GmbH. "Das beste Ergebnis lag in der Vergangenheit bei einer Genauigkeit der Ortung von 16 Metern".
Als Basis für die Ortung dient die Funkzelle in der sich das Handy befindet und im Normalfall kann -"1 man das angepeilte Gerät in der Stadt auf bis zu 200 Metern genau orten. Besorgte Eltern geben auf der Internetseite von "Track your Kid" die Handynummer des Nachwuchses ein und erhalten kurze Zeit später den Aufenthaltsort ihrer Kinder. Das Premium Paket mit einer Vertragslaufzeit von einem Jahr kostet 9,90 Euro Einrichtungsgebühr und 36 Euro Jahresbeitrag. Die ersten 20 Ortungen sind kostenlos, jede weitere kostet 50 Cent.
Die Gladbecker Firma stellt den Ortungsdienst bereit, aber die eigentliche Ermittlung der Daten wird vom Netzbetreiber vorgenommen. "Wir bieten die Ortung von Handys als Dienstleistung für andere Unternehmen an", sagt Heiko Witzke, Pressesprecher bei Vodafone in Düsseldorf. "Der Kunde muss sich aber nicht nur bei Track your Kid anmelden, sondern auch bei uns als Netzbetreiber". So soll verhindert werden, dass der Besitzer des Handys nichts von der Ortung weiß.
Das amerikanische Unternehmen Wherify aus Redwood Shores bei San Francisco hat einen GPS Locator für Kinder im Angebot. Für etwa 400 Dollar können Eitern das bunte Armband für ihre Kinder erwerben. Bei einer Anfrage wird das Armband über das digitale Mobilfunknetz angewählt und stellt über einen GPS-Empfänger Kontakt zu mehreren Satelliten her, um anschließend die Koordinaten an die Zentrale weiterzugeben. Auf der Internetseite sehen die Eltern dann den Aufenthaltsort in einem Luftbild und können bis zur Größe eines Häuserblocks herunterzoomen. In naher Zukunft soll der Dienst auch in Europa angeboten werden.
"Das Telekommunikationsgesetz lässt die Weitergabe der Standortinformationen zu, wenn der Handybesitzer dem zustimmt", sagt Bettina Gayk, Referentin bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz in Nordrhein Westfalen. "Bei Kindern ist das zwar durch den Erziehungsauftrag der Eltern gedeckt, aber bei Teenagern ist das natürlich schon eine zwiespältige Angelegenheit".
Im beschaulichen dänischen Städtchen Billund liegt der Freizeitpark Legoland, der jedes Jahr von vielen Familien besucht wird. Die Hersteller der Lego-Bausteine nutzen die Funktechnik RFID (Radio Frequency Identification), um Eltern das Auffinden ihrer Sprösslinge zu erleichtern. Gegen eine Gebühr werden die Kinder mit einem Armband ausgestattet, dass die Standortbestimmung möglich macht. Durch die Überwachung der Besucher können die Betreiber auch die mobilen Angebote auf die Besucher abstimmen.
Der Tivoli-Park in Kopenhagen setzt auf die Bluetooth-Technologie und Armbänder der Firma Bluetags. Unternehmen wie FleetOnline oder armex bieten die Ortung auch für das Arbeitsleben an. So kann die Firmenleitung ständig überprüfen, was ihre Mitarbeiter so treiben. Hier muss allerdings der Betriebsrat zustimmen und die Mitarbeiter dürfen nicht dazu gezwungen werden.
Die Ortung von Kindern entspricht zwar geltendem Recht, aber die Eltern sollten dem |~~ Nachwuchs vielleicht etwas mehr Vertrauen entgegenbringen. Mit der Technologie wird die Kontrolle allgegenwärtig und zu einer so einfachen Angelegenheit, dass aus berechtigter Sorge schnell tägliches Spionieren werden kann. "Dabei reicht in Notfallsituationen auch das Polizeirecht, um eine Ortung des Handys durchzuführen", sagt Bettina Gayk. "Nur bei einer Straftat ist ein richterlicher Beschluss notwendig".
Michael Voregger
Spiegel Online, Hamburg, 22. Oktober 2004
Original: http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,324339,00.html