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Datenschützer zeichnen Schäuble aus

Bürgerrechtsaktivisten und Datenschützer haben Innenminister Wolfgang Schäuble mit dem Big-Brother-Award für Datenkraken ausgezeichnet - eine höchst zweifelhafte Ehre. Sie lasten dem CDU-Politiker an, stets den Aufbau eines "präventiv-autoritären Sicherheitsstaats" forciert zu haben.

Justizministerin Brigitte Zypries hat ihn bekommen, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, der ehemalige Innenminister Otto Schily sogar schon zweimal: Jetzt kann sich auch Innenminister Wolfgang Schäuble mit einem Big-Brother-Award schmücken - der jährlichen Auszeichnung für Datenkraken, die der Netzaktivisten-Verein FoeBuD bereits zum zehnten Mal verliehen hat.

Das Erbe Schäubles sei eine "sicherheitspolitische Horrorliste", heißt es in der Laudatio von Rolf Gössner, dem Vizepräsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte. Der Rechtsanwalt wurde selber jahrzehntelang vom Verfassungsschutz überwacht. In Anspielung auf die Wortwahl des Ministers für vermeintliche Terroristen, die keine Straftaten begangen haben, bezeichnet Gössner den Innenminister als "Gefährder" von Demokratie, Menschenrechten und Datenschutz.

Den Preis erhalte Schäuble für die Bestrebungen, das Bundeskriminalamt zu einer zentralen Polizei mit geheimdienstlichen Befugnissen auszubauen, für den Aufbau der Antiterrordatei, die Legalisierung der Online-Durchsuchung und die Einrichtung einer gemeinsamen Abhörzentrale der Behörden. Der Preis kommt wenig überraschend: Schäubles Amtsvorgänger Otto Schily war von den Datenschützern sogar zweimal für seine umstrittenen Sicherheitsgesetze ausgezeichnet worden.

Neben dem Lifetime-Award für Wolfgang Schäuble wurden in Bielefeld Negativ-Preise in vier weiteren Kategorien vergeben. Familienministerin Ursula von der Leyen erhielt die Auszeichnung für ihr gerade ausgebremstes Internet-Sperrgesetz, das Berliner Organisationskomitee der Leichtathletik-WM, weil es Journalisten einer aufwendigen Überprüfung unterzog. In der Kategorie Wirtschaft wurden mehrere deutsche Firmen ausgezeichnet, die Überwachungstechnik her- und bereitstellen und es vorziehen, nicht in der Öffentlichkeit bekannt zu sein.

Besonders viele Zuschriften mit Vorschlägen erhielten die Organisatoren dieses Jahr für die Kategorie Arbeitswelt, vergeben wird der Preis stellvertretend an einen Konzern. Angesichts von immer neuen Spitzelaffären in großen Konzernen müsse es "Kontrollen und Sanktionen geben", fordert Organisatorin Rena Tangens. Nach wie vor fehle dafür ein Gesetz, das Arbeitnehmer vor misstrauischer Datensammelwut schütze.

Unterstützt wird die Preisverleihung vom ehemaligen FDP-Innenminister Gerhart Baum, der die Big-Brother-Awards in einem Grußwort lobt. Die Zivilgesellschaft müsse die Politiker aufrütteln, schreibt er. 60 Jahre Grundgesetz seien nicht nur ein Anlass zum Feiern, stattdessen müsse man auf die Gefährdung der Grundrechte aufmerksam machen. Auch der Forderung nach einem Datenschutzrecht für Arbeitnehmer schließt sich Braun an.

Ausgelobt wird der Big-Brother-Award vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD). In der Jury sitzen Vertreter von Datenschutz- und Menschenrechtsorganisationen sowie vom Chaos Computer Club. Der Negativ-Preis soll auf Fehlentwicklungen im Bereich des Datenschutzes hinweisen.

Spiegel Online, Hamburg, 16. Oktober 2009
Original: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,655665,00.html#ref=rss

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