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Datenschützer küren Innensenator zum Big Brother

Kritik an Fahndung mittels verdeckter SMS-Kurznachrichten

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat von Datenschützera den „Big Brother Award" für „bedenkliche Eingriffe in die Privatsphäre" verliehen bekommen. Die Kritik richte sich gegen die Praxis der Berliner Polizei, zu Ermittlungszwecken verdeckte SMS zu verschicken, teilte der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs am Freitag mit.

Durch stille SMS können Aufenthaltsorte von Verdächtigen ermittelt werden. Die Praxis war bereits im Juni öffentlich kritisiert worden, als bekannt wurde, dass die Berliner Polizei schon in fast 100 Fällen durch heimliche Kurznachrichten den Standort von Verdächtigen ermittelt hatte. Dabei versandten Kriminalbeamte an die Betroffenen eine Kurznachricht und fragten daraufhin von Netzbetreibern die aktuellen Verbindungsdaten ab. Für die Gesuchten ist die an sie versandte SMS nicht sichtbar.

Körting wies die Kritik der Datenschützer als „nicht zutreffend" zurück. Die Berliner Po lizei wende die SMS-Methode nur im Rahmen des Paragrafen 100a der Strafprozessordnung (StPO) an, sagte er. In diesem Paragraf ist von Delikten wie Mord, Hochverrat und schwerem Bandendiebstahl die Rede, nicht jedoch von so genannten Bagatellstraf taten. Laut Körting wird eine Person durch bloße Ortung „praktisch überhaupt nicht" in der Privatsphäre beeinträchtigt. Der Senator räumte allerdings ein, dass immer wieder geprüft werden müsse, ob der Staat „zu stark in private Bereiche eingreift".

dpa

Der Tagesspiegel, Berlin, 25. Oktober 2003
Original: Nicht bekannt

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