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Der kleine Bruder sieht fast alles

Für herausragende Verdienste um die Aushöhlung des Datenschutzes wird wieder der "Big Brother Award" vergeben

Im dritten Jahr vergibt der "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" kurz FoeBud e.V. den deutschen Big Brother Award (BBA). Und wieder hat es einige erwischt, die mit ihrem Bekenntnis zur "Sicherheit" verunsichern. Und Geld verdienen. Den Lifetime-Award erhält -endlich - die Microsoft AG. Laudator Patrick Goltzsch begründet dies mit "'Verdiensten' bei der flächendeckenden Einführung von Kontrolltechnologie für Urheberrechte: Digital Rights Management". Damit wird ein System eingeführt, das dem unendlichen Kopieren digitaler Musikdateien endgültig einen Riegel vorschiebt. Vorhang auf für Digital Restriction.

In der Kategorie Arbeitswelt hat die Bayer AG alle Verfolger auf die Plätze verwiesen. Sie macht einen Drogentest für die Einstellung Auszubildender zur Bedingung. Aus Sicherheitsgründen. Natürlich ist die Urinprobe "freiwillig", angesichts der Ausbildungsplatzsituation eine unerwartet satirische Randbemerkung des Pillenkonzerns.

Den Regionalpreis gewinnt der Innenminister des Landes NRW, Fritz Behrens. Er möchte die Voraussetzungen für die Kameraüberwachung im öffentlichen Raum erleichtern.

In der Kategorie Verbraucherschutz kriegt die Deutsche Post AG den BBA. Denn sie verwertet die auf Nachsendeanträgen gesammelten Daten ihrer Kunden in Tochterunternehmen, die im Adresshandel tätig sind.

Volker Bouffier bekommt den Politik-Award. Der hessische Innenminister novelliert nämlich sein Landespolizeirecht so, dass Rasterfahndung zwischen Wiesbaden und Kassel wieder möglich ist. Trotz eines Verbots dieser Methode durch das Oberlandesgericht Frankfurt.

Die Kategorie Kommunikation dominiert der Bundesrat.Der hat beschlossen, die Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu zu verpflichten, die Verbindungsdaten ihrer Kunden für eine nicht festgelegte Dauer für Zwecke von Polizei und Geheimdiensten zu speichern. Heißt, dass Daten ohne konkrete Verdachtsmomente gespeichert werden können.

Zu guter Letzt bekommt das BKA noch einen BBA. Es hat drei neue Präventivdateien aufgelegt:Limo, Remo und Aumo. Darin werden linke, rechte und ausländische "potentielle" Gewalttäter erfasst.

MATTHIAS HARRE

taz, 26.10.2002


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