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Glückwunsch, Schurke!

Mit dem Big Brother Award prämieren Bielefelder Netzpioniere heute Abend die größten Datenschnüffler

Zu Freudentränen und überbordenden Dankesworten reißt diese Auszeichnung niemanden hin: Der Big Brother Award ist eine ziemlich unbeliebte Trophäe, weswegen die meisten Preisträger auch nie zur Verleihung erscheinen. Wer lässt sich schon gern bescheinigen, dass er "in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigt oder persönliche Daten Dritten zugänglich" macht?

Die Idee stammt aus England, seit 2000 wird der Big Brother Award vom Bielefelder Verein FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) auch in Deutschland verliehen - an Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen. Darunter so illustre Namen wie Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), Microsoft, das WM-Organsiationskommitee des DFB und Lidl-Chef Dieter Schwarz, der seine Mitarbeiter heimlich per Video überwachen lies. "Lidl wollte damals auch in tschechischen Filialen Stirnbänder an alle Verkäuferinnen verteilen, die ihre Tage haben", erzählt Künstler und FoeBuD-Mitbegründer padeluun, "die wären dann die einzigen gewesen, die während der Arbeitszeit aufs Klo hätten gehen dürften."

Die Regel-Stirnbänder wurden gestoppt - aber das Beispiel zeigt: den Datenschützern geht es nicht nur um Paybackpunkte, Cookies und "Schnüffelchips", wie padeluun RFID-Etikette zur Produktüberwachung nennt, "sondern um alles, was Konzerne benutzen, um Menschen zu kontrollieren und auszubeuten." Datenschutz ist Schutz von Menschenrechten und der Big Brother Award nur ein Teil der Arbeit von padeluun und seiner Kollegin Rena Tangens: zudem beraten sie Expertenkommissionen in Sachen Datenschutz. Die Künstler und Internetpioniere kennen Schleichwege und Schlupflöcher der Datenjäger ganz genau; sie wissen, wieviel Macht man durch Daten über Menschen besitzt.

Die technische Dimension sei aber nicht alles: "Man kann heute nicht mehr lapidar behaupten, Technik sei neutral", sagt padeluun. Datenschutz sei eine gesellschaftliche Aufgabe: "Wir müssen lernen, uns nicht zum Untertan der Technik zu machen." Alle profitierten letztlich von verbessertem Datenschutz, so padeluun, "die meisten Firmen sind nur zu dumm, das zu kapieren." Heute abend werden die Big-Brother Preisträger für 2006 bekannt gegeben.

Anne Herrberg

taz NRW, 20. Oktober 2006
Original: http://www.taz.de/pt/2006/10/20/a0020.1/text

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