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Wir wollen die Welt verbessern

Die Datenschutz-Avantgarde aus Bielefeld

Der Bielefelder Cyberrechtsverein FoeBud ist seit der von ihm organisierten Verleihung des Big-Brother-Preises zu einer wichtigen Datenschutzadresse geworden. Seine Arbeit beginnt da, wo staatlich finanzierte Datenschützer sich nicht mehr zuständig fühlen. Denn er macht auf Missstände aufmerksam, die zwar legal, aber dennoch moralisch fragwürdig sind.

Im letzten Jahr prägte FoeBud maßgeblich die Debatte um die RFID-Funkchips und sorgte dafür, dass sich unter anderem der Bundesdatenschutzbeauftragte das Thema auf die Fahnen schrieb. Der Verein gibt auch Anstöße zur Weiterentwicklung des "Datenschutzes durch Technik". So entwickelt er derzeit als Sensibilisierungsmaßnahme einen so genannten Data-Privatizer. Das über 100 Euro teure Gerät wird akustisch und optisch melden, wenn sich RFID-Tags oder Lesegeräte in der Nähe befinden. Es kann die Tags einzeln lesen und beschreiben. Nutzer können damit die EPC-Codes der Tags, die im Lebensmittelhandel eingesetzt werden, mit eigenen Eingaben überschreiben und damit unbrauchbar machen.

Für Telepolis sprach Christiane Schulzki-Haddouti mit padeluun. Er ist neben Rena Tangens Gründungsmitglied von FoeBud.

PADELUUN: Früher wusste die Kassiererin im Supermarkt, wenn wir Alkoholiker waren, heute weiß es der Konzern. Heute höre ich aus dem Handy bei der E-Plus-Hotline nur ein Besetzt-Zeichen, wenn ich ein kleines Einkommen habe. Leute, die dem Unternehmen lukrativer scheinen, bekommen dagegen sofort einen Gesprächspartner. Möglich ist das, weil die Unternehmen Vorurteile über uns sammeln und horten. Selbst Menschen, die sich im Thema Datenschutz gut auskennen, wissen oftmals gar nicht, dass die Auswirkungen der Datensammelwut uns längst täglich manipulieren.

PADELUUN: Bei den Datenschützern der Länder und des Bundes sind einige echt engagierte Leute dabei. Die wissen selbst, dass sie nur zahnlose Papiertiger sind. Sie brauchen engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sie zum Jagen tragen. Kein staatlicher Datenschützer dürfte einen Big-Brother-Award verleihen. Dieser ungeliebte Preis macht es möglich, Beispiele zu kritischen Datenschutzverletzungen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Darüber hinaus können wir da protestieren, wo offizielle Stellen bereits genickt haben oder schlicht übergangen worden sind. Das jüngste Beispiel, der Datenschutzskandal um die Eintrittskarten zur Fußballweltmeisterschaft, wo die zuständige Behörde völlig gepatzt hat, hat deutlich gezeigt, dass ohne das Engagement des FoeBuD erstmal niemand gemerkt hätte, was die FIFA, der Deutsche Fußballbund und Otto Schily, da für eine Schweinerei durchziehen wollten.

PADELUUN: Vier Buchstaben: Geld. Unsere Arbeit hat eine Größenordnung erreicht, die mit rein ehrenamtlicher Arbeit nicht mehr zu bewältigen ist. Wir müssen über regelmäßig hereinkommende Spendengelder mindestens das Zwölffache von dem, was wir jetzt monatlich haben, einnehmen, damit wir so arbeiten können, wie wir es jetzt schon tun. Umgerechnet also müssten sich 200 Leute entschließen, uns monatlich 10 Euro abbuchen zu lassen. Zusätzlich müssten wir drei bezahlte Arbeitsstellen schaffen.

PADELUUN: Saubere Spender sind diejenigen, die spenden, weil ihnen unser Erfolg und unsere Arbeit wichtig ist. Wenn wir annehmen, oder andere annehmen könnten, dass wir "gekauft" worden seien, wäre das kontraproduktiv.

PADELUUN: Ja. Aber alles andere würde dazu führen, dass wir vielleicht ein bisschen bessere Voraussetzungen für unsere Arbeit haben, aber die eigentliche Arbeit zusammen mit der Glaubwürdigkeit weggefallen ist. Und Organisationen, die nur noch vor sich hin wurschteln, Geld verbrauchen und nichts mehr tun, gibt's genug.

PADELUUN: Ich denke, beim FoeBuD kann man live beobachten, wie jede Mark unmittelbar in Wirkung umgesetzt wird. Wir haben zum Beispiel vorletztes und letztes Jahr von der Stiftung bridge (Bürgerrechte in der Digitalen Gesellschaft) eine Förderung bekommen. Damit war es möglich, die StopRFID-Kampangne die mittlerweile rund um den Planeten Wirkung zeigt.Wir haben noch große Aufgaben im europäischen und globalen Kontext zu bewältigen. In den meisten anderen Ländern der Welt sieht das Kapitel Datenschutz zappenduster aus. Wir beraten etliche Initiativen in anderen Ländern, die ebenfalls Big-Brother-Awards veranstalten wollen - in 14 Ländern gibt's den bereits und es werden mehr.

Christiane Schulzki-Haddouti

telepolis, Hannover, 31. März 2005
Original: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19704/1.html

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