Alles in bester Verfassung? Offenbar nicht. Wenn ein Verfassungsminister - auch das ist Andreas Trautvetter als Innenressortchef - nicht einsehen will, dass er Grundrechte mit Füßen getreten hat, dann muss man sich um sein Verfassungsverständnis schon Sorgen machen. Law and order - Sicherheit an erster Stelle allein ist keine ausreichende Legitimitätsgrundlage für politisches Handeln.
Der dickschädlige Andreas Trautvetter hat auch nach dem Abbau der Kameras in Weimar noch einiges zu erklären. Seine persönliche politische Krise ist noch nicht vorbei, denn auch Regierungschef Dieter Althaus soll schon bedenklich die Stirn in Sorgenfalten legen, wenn er auf Trautvetter angesprochen wird.
Schon Trautvetters Amtsvorgänger Christian Köckert hat den unseligen Kurs, den Trautvetter nur konsequent weiter und zu Ende führen will, eingeleitet. Und die CDU-Mehrheitsfraktion im Landtag hat die mit der Änderung des Polizeigesetzes verbundenen Eingriffe in elementare Grundrechte wie das Brief- und Fernmeldegeheimnis, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ohne Murren mitgemacht. Klammheimlich wurden in Thüringen in bundesweit einmaliger Art und Weise Grundrechte ausgehebelt. Eine unabhängige Institution von Datenschützern hat das mit der Verleihung des "Big Brother Award" noch einmal ins Gedächtnis gerufen. Weimar ist die konsequente Fortsetzung dieser Entwicklung.
Grund genug, auch daran heute zu erinnern. Denn der Tag der Verfassung sollte ein Tag zum Nachdenken, nicht nur zum Feiern sein. Nicht alles ist in bester Verfassung.
Von Hartmut Kaczmarek
Thüringische Landeszeitung, 24. Oktober 2003
Original: http://www.tlz.de/tlz/tlz.standard.volltext.php?id=880837&zulieferer=tlz&kategorie=KOM&rubrikKommentar®ion=National