VDI nachrichten, 1.11.2002
In Bielefeld wurde der diesjährige Big-Brother-Preis an Politiker, Behörden und Firmen verliehen - der Preis soll missbräuchlichen Gebrauch von Technik und Informationen aufzeigen.
Microsoft erhielt den Hauptpreis für das "Digital Rights Management" (DRM), der "flächendeckenden Einführung von Kontrolltechnologie für Urheberrechte". Mit dem Update für den Media Player und der damit eingehenden Lizenzveränderung räumte sich Microsoft das Recht ein, Updates automatische einzuspielen, die das Betriebssystem um DRM erweitern. Mit DRM lässt sich kontrollieren, wo und wie oft eine Datei verwendet und ob sie kopiert werden darf.
Die Toll Collect GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen von Daimler- Chrysler Services, Deutscher Telekom und der französischen Cofiroute, wurde für ihr satellitengestütztes Verfahren ausgezeichnet, das die Bewegung von LKWs detailgenau beobachten und jederzeit ihre Position bestimmen kann. Die Technik wurde zunächst nur für die LKW-Maut entwickelt, doch sie kann auch ohne weiteres auch Personenkraftwagen erfassen.
Die Deutsche Post wurde für ihre enge Ausformulierung des Nachsendeauftrags getadelt, da dieser es den Kunden erschwert die Weitergabe ihrer neuen Anschrift an Firmen zu verweigern. Für einen Drogentest für Azubi-Bewerber zeichnete die Jury die Bayer AG aus. Der Deutsche Bundesrat erhielt den Preis für seinen Beschluss zugesprochen, Telekommunikationsverbindungsdaten für Zwecke von Polizei und Geheimdiensten auf Vorrat zu speichern. Die Behörden können so nachvollziehen, wer mit wem wann telefoniert oder gefaxt, eine SMS oder eine E-Mail verschickt hat. Der hessische Innenminister Volkier Bouffier erhielt den Negativpreis, da er mit einer Polizeirechtsnovelle die Fortführung der Rasterfahndung ermöglichte, obgleich das Oberlandesgericht Frankfurt diese für rechtswidrig erklärt hatte. Das Bundeskriminalamt wurde für die Einrichtung drei neuer Präventivdateien für ausländische, rechts und links orientierte Straftäter ausgezeichnet. Organisator des Preises ist der Bielefelder Verein Foebud. In der Jury saßen vom Chaos Computer Club bis zur Humanistischen Union viele Bürgerrechtler. CHR. SCHULZKI www.big-brother-award.de
VDI-Nachrichten, 01. November 2002
Original: http://www.vdi-nachrichten.com/aus_der_redaktion/akt_ausg_detail.asp?id=10086&cat=3