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Schily als

Big Brother Award auch an Otto Schily

Den Big Brother Award bekommt keiner gern, denn der Preis zeichnet so genannte "Daten-Kraken" aus: Firmen und Organisationen, die laut Jury die Privatsphäre der Bürger verletzen. Eine Oscar-ähnliche Statue geht bei der Preisverleihung am Freitag (28.10.05) in Bielefeld an Otto Schily.

Schily bekommt den Big Brother Award für sein Lebenswerk. "Er hat mit einer Fülle beeindruckender Projekte das deutsche und europäische Überwachungssystem ausgebaut - auf Kosten der Bürgerrechte", erklärte Rena Tangens, Mitbegründerin des Bielefelder Datenschutz-Vereins Foebud, (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs). Er hat sich in den letzten Jahren vor allem als Kontrollinstanz einen Namen gemacht. Als Beispiel nannte Tangens die Anti-Terror-Gesetze, auch "Otto-Kataloge" genannt, die der Minister nach den Anschlägen vom 11. September aus der Schublade gezogen habe. Ein weiteres sei die übereilte Einführung des biometrischen Reisepasses. "Das geschah quasi durch die Hintertür und am Bundestag vorbei," sagte sie wdr.de.

Datenschutz konkret

Big Brother Awards - der Name des Preises stammt aus George Orwells Klassiker "1984". Darin entwarf der Autor bereits Ende der 40er Jahre seine Vision einer totalitären und bis in den letzten Winkel überwachten Gesellschaft. Mit den "Awards für Datenkraken" möchte der Foebud schwarze Schafe des Datenschutzes dort hin bringen, wo sie nicht sein wollen: Ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Zugleich bietet der Preis dem Verein einen Anlass, auf aktuelle Entwicklungen wie Videoüberwachung, Auswertung von Nutzerprofilen oder Adresshandel hinzuweisen.

Ohne Einwilligung weitergegeben

Zu denjenigen, die dieses Jahr per Award gerügt werden, gehört auch das WM-Organisationskomitee des DFB. Es bekommt den Preis für die "inquisitorischen" Fragebögen zur Bestellung der WM-Tickets, die geplante Weitergabe von Adressen an die Fifa und den Einbau von RFID-Schnüffelchips in die Eintrittskarten. "Das hat nichts mit Sicherheit zu tun", so Tangens. "Hier sollte eine Überwachungsmethode zum Nutzen des Sponsors Philips salonfähig gemacht werden."

Auch der Fall der Grundschule Ennigloh bei Bünde war den Juroren einen Award wert. Eine Mahnung für alle Schulen bundesweit, wie es in der Laudatio hieß. Die Grundschule hat die Namen und Adressen der Schulanfänger bedenkenlos an zwei Kreditinstitute weitergegeben, ohne die Eltern um Einwilligung zu bitten. Die Volksbank und die Stadtsparkasse schickten den Eltern der I-Dötzchen per Brief Werbung für ein Startkonto ins Haus.

Prominente Preisträger

Bereits zum sechsten Mal vergibt Foebud den Big Brother Award für Datensammler. Dass sich die unglücklichen Gewinner bei der Preisverleihung in Bielefeld blicken lassen, ist unwahrscheinlich. Nur wenige Preisträger haben diese Gelegenheit genutzt, um sich zu den Vorwürfen zu äußern. Einer war der Konzern Microsoft, der 2002 den Lifetime-Award erhielt, vor allem für sein Bestreben, flächendeckend Kontrolltechnologien für Urheberrechte einzuführen. Dazu Tangens: "Der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens erklärte damals, Microsoft sei anderer Meinung als die Jury, erkenne aber dennoch deren Urteil an. Man sei nicht stolz auf den Preis, nehme ihn aber als Hinweis, sich mehr um Datenschutz kümmern zu müssen." Ein anderer großer Erfolg war die Reaktion der Metro AG , die 2004 den Big Brother Award für Einführung von RFID-Schnüffelchips bekam. Der Konzern berücksichtigte die Kritik zum Teil und zog die umstrittene Kundenkarte zurück.

Westdeutscher Rundfunk Online, Köln, 28. Oktober 2005
Original: http://www.wdr.de/themen/politik/1/big_brother_award/051028.jhtml

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