Von unserem Redakteur Krischan Förster
Bielefeld/Bremen. Es gibt Ehrungen, die keiner gern über sich ergehen lässt. Auch Otto Schily nicht. Dabei hat der Bundesinnenminister den Hauptgewinn eingefahren, wenn auch in einem wenig schmeichelhaften Wettbewerb. Vertreter von fünf Datenschutzorganisationen verliehen ihm gestern Abend den "Big Brother Award".
Die Negativ-Auszeichnung eines Bielefelder Computerclubs geht seit dem vergangenen Jahr an Firmen, Behörden und Organisationen, die eklatant die Privatsphäre von Menschen verletzen. "In der Jury bestand völlige ,je Einigkeit, dass einzig Schily der Hauptpreis gebührt`, sagte gestern der Bremer Rechtsanwalt Rolf Gössner, Mitglied der Auswahlkonimission, gegenüber dem WESER-KURIER.
"Schily steht an erster Stelle jener Politiker in Deutschland, die die schrecklichen Terroranschläge in den USA als Anlass und Legitimation zur Durchsetzung freiheitsbeschneidender Gesetze instrumentalisieren. Er versucht, mit immer neuen Vorschlägen den Eindruck zu vermitteln, dass zusätzliche staatliche Überwachungsmaßnahmen mehr Sicherheit im Kampf gegen Terrorismus bedeuten", so Gössner in seiner Laudatio. Das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre werde zudem als Terroristenschutz" diskreditiert. Dabei seien Schily und sein Ministerium den Nachweis schuldig geblieben, dass der Datenschutz zu Behinderungen in der Kriminalitätsbekämpfung geführt habe. Ich fürchte, da kommt noch mehr", meint Gössner. Seine Hoffnungen ruhen nun auf dem Bundesjustizministerium. Dieses hatte massiv Front gegen die vom Innenmirlisterium geplanten Eingriffe Front bezogen.
Schily steht allerdings nicht allein am Pranger. Auch Ministerkollege Werner Müller (Wirtschaft) wird ausgezeichnet. Grund: Aus seinem Ministerium stamme die Verordnung zur Überwachung der Telekommunikation (TKÜV). Telefonfirmen sollen künftig auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden Kunden- sowie Gesprächsdaten bereitstellen. "Die Hysterie um die innere Sicherheit wurde genutzt, um diese Verordnung ohne Debatte durchzudrücken", heißt es. Die weiteren Preisträger:
Weser Kurier, 27. Oktober 2001