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Anti-Awards für Google, Apple und den Rundfunkbeitrag

Die Big Brother Awards sind ein Negativpreis, verliehen für Spitzeleien und Überwacher. Den bekommen in diesem Jahr US-Firmen, aber auch die Post und die Bundespolizei.

Google ist Gewinner des Big Brother Awards 2013. Das Überraschende daran: Es ist das erste Mal, dass Google diesen Negativpreis für Datenkraken bekommt, und das im zwölften Jahr seiner Verleihung.

Mit dem Big Brother Award zeichnet der Verein digitalcourage, ehemals FoeBuD, Unternehmen, Behörden und Einzelpersonen für besonders dreiste Missachtung des Datenschutzes und der Privatsphäre aus. Dazu veranstaltet der Verein jedes Jahr eine Gala in Bielefeld.

Google bekommt den Award in der Kategorie Globales Datensammeln. In der Begründung von digitalcourage heißt es: "Unter dem Deckmantel einer Suchmaschine und anderen Gratis-Diensten wie Maps, Docs und YouTube sammelt der Werbekonzern Google auf Schritt und Tritt Echtzeit-Daten über alles und jeden und kategorisiert Menschen für seinen Werbeprofit." Google missachte europäisches Recht und nutze seine marktbeherrschende Stellung, "um die technokratische Ideologie eines allwissenden Supercomputers voranzutreiben", der besser wisse, was Menschen wollen als sie selbst.

Die beiden Netzkünstler und Datenschutzaktivisten Rena Tangens und padeluun von digitalcourage forderten in ihrer Laudatio nicht weniger als die Zerschlagung des Konzerns.

Google ist in diesem Jahr nicht das einzige große US-Unternehmen, das ausgezeichnet wird. Auch Apple bekommt einen Preis, und zwar in der Kategorie "Arbeitswelt". Es ist der zweite Big Brother Award für Apple, verliehen wird er dem Unternehmen in diesem Jahr für "die umfassende Videoüberwachung von Beschäftigten".

Zwar hat sich die Situation in den deutschen Apple Stores mittlerweile verbessert, wie die zuständigen hessischen Datenschützer dem Unternehmen jüngst bescheinigten: "Apple hat nachgebessert, wir haben keine Aufnahmen gefunden, die datenschutzrechtlich zu beanstanden wären". Auch Kunden werden mittlerweile ein wenig deutlicher auf die Videoüberwachung der Läden hingewiesen als früher. Doch Apple wehrte sich monatelang gegen diese Maßnahmen und hat den Big Brother Award nach Ansicht von digitalcourage deshalb durchaus verdient.

Kontroll- und Fahndungsraster

Bereits zum dritten Mal "geehrt" wird die Deutsche Post – und zwar wie schon 2002 für ihren Umgang mit Kundenadressen beziehungsweise den Handel damit. Rechtsanwalt Sönke Hilbrans von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz sagte in seiner Laudatio: "Es ist die Direktmarketing-Abteilung der gelben Post, die sich rühmt, 19 Millionen Gebäude, 34 Millionen Haushalte und circa eine Milliarde sonstiger Zusatzdaten erfasst zu haben, sich der Ortskenntnisse von 80.000 Zustellerinnen und Zustellern bedienen zu können und so eine Datenbank zu füttern, welche über Altersstruktur, Familienformen, Kaufkraft, Gebäudedaten, Konsumvorlieben und das Verhalten im Versandhandel exzellent Bescheid weiß."

Die Bundespolizei bekommt den Big Brother Award in der Kategorie Behörden, und zwar für die Praxis des "racial profiling", bei dem Menschen einzig wegen ihrer Hautfarbe oder anderer äußerlicher Merkmale von der Polizei überprüft werden. Rechtsanwalt und Bürgerrechtsaktivist Rolf Gössner erinnerte in seiner Laudatio an beschämende Fälle aus der Vergangenheit. Ein Award sei gerechtfertigt, denn hier gehe es "um ein rechtspolitisches, ein menschenrechtliches Problem mit unmittelbaren diskriminierenden Auswirkungen auf die informationelle Selbstbestimmung von Menschen, die aus rassistischen Gründen in ein polizeiliches Kontroll- oder Fahndungsraster geraten."

In der Kategorie Politik schließlich bekommen die 16 deutschen Ministerpräsidenten den Big Brother Award – "für die Einrichtung des Gemeinsamen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio und die damit verbundene massive Ansammlung von Personendaten der gesamten deutschen Bevölkerung". Datenschutz-Aktivist Frank Rosengart kritisierte in seiner Laudatio, dass weiterhin die Gebührenpflichtigen im Fokus der Erhebung stünden, und keineswegs nur die Haushalte.

Denn erstens werde weiterhin jeder Umzug innerhalb Deutschlands von den Meldeämtern an den Beitragsservice übermittelt. Zweitens dürfe der Beitragsservice ab 2015 seine Datenbestände mithilfe privater Quellen ergänzen, also etwa durch Daten von Adresshändlern, Inkassounternehmen und Gewinnspielanbietern. Und drittens seien am 3. März alle Meldedaten der Republik eingefroren worden, und dieser Datenbestand werde dem Beitragsservice im Laufe der kommenden beiden Jahre Stück für Stück übergeben.

Schon vor zehn Jahren hatte die Gebühreneinzugszentrale GEZ einen Big Brother Awards "für ihr Lebenswerk" bekommen. Die Hoffnung, deren "Schattenmelderegister" sei durch die Einführung der Haushaltsabgabe überflüssig geworden, erfüllt sich nach Ansicht von Rosengart nicht. Google befindet sich also in bester Gesellschaft.

Patrick Beuth

Zeit Online, 12. April 2013
Original: http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-04/big-brother-awards-2013-gewinner#comments

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