FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
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Digitale Zivilcourage

Der Datenschutzverein FoeBuD hat sich zum 25. Geburtstag einen neuen Namen gegeben.

Der FoeBuD hat seinen sperrigen Namen in »Digitalcourage« geändert. Das soll deutlich machen, worum es dem Verein geht: eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter - und dass dafür Zivilcourage nötig ist.

Schnell ist eine neue Jacke im Internet ausgewählt, dazu die persönlichen Daten eingeben und schon ist die Bestellung erledigt. Wovon der Kunde meist nichts weiß: Viele Bekleidungsstücke enthalten einen RFID-Chip. Dieser enthält eine eindeutige Nummer, die über Funk auslesbar ist. Wo immer der Kunde mit seiner neuen Jacke an einem RFID-Lesegerät vorbeigeht, kann die Nummer registriert werden. So lassen sich Bewegungsprofile erstellen, denn beim Kauf wurden die Personendaten mit der RFID-Nummer verknüpft. Der Datenschutzverein FoeBuD hat deshalb eine Kampagne gegen diese funkenden Chips in Kleidung gestartet. Er fordert eine Verpflichtung, dass RFID-Chips beim Kauf herausgetrennt werden müssen. Klimakonferenz Rösler

FoeBuD bedeutet »Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs«. Das klingt nach Amtsdeutsch und so war es auch gemeint, als sich der Verein 1987 gründete. Eigentlich sei das nur als Scherz gedacht gewesen, erklärt Vorstandsmitglied Padeluun gegenüber »nd«. Es sollte eine Anspielung auf typische Bezeichnungen der Bundespost sein, die damals für Telekommunikation zuständig war. Datenfernübertragung, DFÜ, sagte man zu Datennetzen und diese wurden sehr restriktiv behandelt.

Die Bielefelder Vereinsgründer Padeluun und Rena Tangens betrieben ursprünglich Video- und Performance-Kunst. Was treibt Künstler dazu, sich für Datenschutz zu engagieren? »Rena und ich wollten keine Kunst mehr herstellen, die käuflich ist«, sagt Padeluun. »Kunst ist nicht das Produkt, sondern der Prozess.« Sie entdeckten die Möglichkeiten von Datennetzen, um darüber Öffentlichkeit herzustellen und fingen an, Mailboxen aufzubauen. »Wir haben gemerkt, wie stark wir dadurch Menschen beeinflussen konnten.« Mailboxsysteme - die vor dem Internet gängige Form der elektronischen Kommunikation - transportierten Nachrichten zu festen Zeiten über Modems und Telefonleitung. »Schnell stellten sich Machtfragen: Wer die Infrastruktur beherrscht, kann auch die Daten kontrollieren. Wir wollten aber, dass Daten und damit die Kommunikation geschützt sind vor unberechtigten Zugriffen, denn hinter den Daten stehen Menschen«, so Padeluun.

In der 25-jährigen Geschichte des Vereins hat sich die digitale Welt verändert und mit ihr der Verein. Was mit dem Betrieb von Mailbox-Systemen begann, entwickelte sich zu Aktivismus für Datenschutz und Bürgerrechte weiter. Der FoeBuD kämpft gegen die Vorratsdatenspeicherung, initiierte die »Freiheit statt Angst«-Demonstrationen mit, verleiht jährlich die Big-Brother-Awards für besondere Vergehen gegen den Datenschutz und kritisiert die elektronische Gesundheitskarte.

Der sperrige Name wurde dem Verein dabei immer mehr zum Hindernis. »Unser Name war immer erklärungsbedürftig, außerdem zu lang und nicht einprägsam«, sagt Padeluun. »Inzwischen geht es um die Gestaltung der digitalen Gesellschaft.« Aktivitäten finden immer stärker im europäischen Kontext statt. »Der Name muss auch außerhalb des deutschen Sprachraums verständlich sein.« Daher hat sich der FoeBud anlässlich seines 25. Jahrestages am Wochenende umbenannt. Er heißt nun: »Digitalcourage«. Der Name erinnert nicht zufällig an Zivilcourage, denn um eine lebenswerte Gesellschaft zu gestalten, sei diese auch im Netz notwendig.

Zukünftig will der Verein dafür sorgen, dass Netzpolitik fest im Bundestag verankert ist, etwa, indem ein ständiger Ausschuss zu netzpolitischen Themen eingerichtet wird. Zur Bundestagswahl 2013 soll zudem die nächste Demonstration unter dem Motto »Freiheit statt Angst« stattfinden, das in der Vergangenheit bis zu 30 000 Menschen auf die Straße brachte und zum Ausdruck dafür wurde, dass Datenschutz nicht länger Nischenthema ist.

Sorgen bereitet Padeluun das Geld. Bislang arbeitet der Verein spendenbasiert, will aber nicht von einigen wenigen Großspendern abhängig sein. Denn wenn diese wegbrächen, wäre die Existenz gefährdet. Daher wirbt man nun lieber um viele kleinere Spenden, um »Digitalcourage« auf breite Schultern zu stellen.

Uwe Siewers

Neues Deutschland, Berlin, 21. November 2012
Original: http://www.neues-deutschland.de/artikel/804896.digitale-zivilcourage.html

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