Ich denke nicht alle von Ihnen haben von der RFID-Technologie schon einmal gehört. Aus meiner Sicht ist diese - wie so viele Technologien einst aus dem Militär entstammend - eine Überwachungsmöglichkeit, welche das Leben von Verbrauchern und Bürgen einschneidend verändern wird. Der Datenschutzverein FoeBuD e. V. hat seit längerem bereits eine Initiative laufen, welche über die Gefahren von RFID aufklären soll. Die EU-Kommission erwägt derzeit, ein offizielles Warnzeichen für RFID-Anwendungen europaweit verbindlich zu machen. Einige Unternehmen haben in der Vergangenheit bereits ohne Wissen Ihrer Kunden beispielsweise Kundenkarten mit RFID-Chips bestückt.
Egal ob durch einen Staat oder durch Unternehmen. Ein Mensch, der ständig bespitzelt, registriert, und von speziell auf ihn abgestimmter Werbung gegängelt wird, verändert mit der Zeit sein Verhalten. Er soll zum durchschaubaren, beliebig manipulierbaren Objekt derjenigen degradiert werden, die seine Daten benützen. Damit werden Grundprinzipien unserer Verfassung - die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit - beschädigt.
Wer sich überwacht und ausspioniert fühlt, nimmt möglicherweise andere von der Verfassung garantierte Rechte wie freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit nicht mehr in Anspruch. So zerstört der Verlust der informationellen Selbstbestimmung die Bereitschaft zur Engagement und Teilnahme an der Gesellschaft. Damit geht der Gemeinschaft eine Vielfalt von Ideen, Meinungen und Talenten verloren.
Hier geht es also keineswegs nur um private Bedürfnisspielräume, die jeder für sich selbst aushandeln kann. Zur Disposition stehen zunehmend Grundrechte, die nicht verhandelbar sind, sondern unverzichtbar für Gemeinwohl und den Fortbestand der Demokratie.
Metro ist einer der größten Handelskonzerne der Welt. In Deutschland gehören dazu große Ketten wie Media Markt, Saturn, real, extra, Praktiker, Galeria Kaufhof. Mit dieser Marktmacht versucht das Unternehmen, RFID flächendeckend einzuführen. Zu diesem Zweck wurde beispielsweise ein eigener Test-Supermarkt der Metro AG in Rheinberg bei Duisburg konzipiert.
Der Datenschutzverein FoeBuD bekommt immer auch Leserbriefe zu dieser Thematik und einen möchte ich hier einmal anführen. Ein Ehepaar aus Greifswald hatte gerade den Einkauf in einem “real” Supermarkt (Metro) bezahlt, schob seinen Wagen samt ihrem Kind durch die Kontrolle, als es piepste. Nichts ungewöhnliches möchte man meinen. Aber für eine unerbittliche Mitarbeiterin von “real” Anlass genug, die Hose des 14 Monate alten Kindes unter den Augen zahlreicher Schaulustiger nach vergessenen Funkchips zu durchsuchen.
Als der Sohn bitter zu weinen begann, verlangte sein Vater, sofort den Geschäftsführer zu sprechen. Worauf die Angestellte für alle laut und vernehmlich verkündete: “Na gut, dann hole ich jetzt unseren Hausdetektiv”.
In dessen Büro stellte sich raus: Die vor Wochen bei “real” gekaufte und korrekt bezahlte Hose des Jungen enthält einen nicht-entsicherten Funkchip. Anscheinend nimmt man es bei “real” sehr genau mit der Etikettierung von Waren, nicht jedoch mit der anschließenden Deaktivierung. Verkaufsstände vor dem Eingang verfügen nämlich über gar keinen Deaktivator.
“Die Tatsache, dass ich mein 14-monatiges Baby nicht mehr aus ihrem Markt “entnehmen” konnte, ohne von Ihrer Security in einem Spezialbüro eine Sonderbehandlung über mich ergehen zu lassen, weil Sie Baby-Kleidung datentechnisch präparieren, obwohl Sie nicht sicherstellen können, dass mit diesen Daten verantwortlich umgegangen wird, sprengt die Dimension eines Einzelfalls. ”
Sie kennen das sicher bereits auch aus der Praxis. Wenn Sie einkaufen, deaktivieren oder entfernen Verkäufer/innen oftmals Chips oder Elektronikteile von Produkten oder Kleidungsstücken. Dies dient in diesem Fall dem absolut legitimen Diebstahlschutz.
Das neue an RFID-Chips ist allerdings auch, dass damit jeder Gegenstand eine weltweit eindeutige Seriennummer bekommt und damit eindeutig identifizierbar ist. Bislang hat jede Getränkedose einer bestimmten Sorte im Regal den gleichen Strichcode aufgedruckt. Mit RFID wird jede Dose einzeln identifiziert. Erst der nachgeschalteten Datenbank ist zu entnehmen, zu welcher Sorte gerade diese Dose gehört. Sie als Käufer/in werden dadurch ebenfalls eindeutig identifizierbar, wenn Sie die Dose beispielsweise mit Ihrer Bank- oder Kundenkarte bezahlt haben.
Der Vorteil für die Industrie ist, dass die Chips so klein und billig sind. Ebenso können diese natürlich nicht nur zum Diebstahlschutz eingesetzt werden, sondern auch für die - für Unternehmen - wichtige Forschung nach Kaufverhalten. Selbst Bewegungsprofile können damit erstellt werden. Die RFID-Chips können in jeden Jackenkragen, oder jede Schuhsohle eingepflanzt werden. Dort lassen sie sich nicht mehr entfernen, ohne das Produkt (z. B. den Schuh) zu zerstören. Das bedeutet: Jede Lese-Antenne, an der Sie vorbei kommen, erfasst Ihren Chip aufs Neue. Vielleicht im Bus, an der Tankstelle, im nächsten Supermarkt.
RFID ist aus meiner Sicht durchaus ein Risiko für die Sicherheit und Privatsphäre eines jeden einzelnen von uns.
RFID steht für “Radio Frequency Identification”. Auf Deutsch bedeutet dies, eine “Identifizierung per Funk”. Diese Technologie ermöglicht es, Daten mittels Funkwellen berührungslos und ohne Sichtkontakt zu übertragen.
Mit RFID versehene Dinge (Kleidungsstücke, Produkte aller Art) können so auch ohne Kenntnis ihres Eigentümers heimlich ausgelesen und identifiziert werden. RFID-Chips werden deshalb auch “Schnüffelchips” genannt.
RFID bietet völlig neue Möglichkeiten zur Überwachung.
Ihr
Markus Miller
Markus Miller
boerse-express.com, , 19. August 2008
Original: http://www.be24.at/blog/entry/20322/schnueffelchips-rfid