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Keine Daten, keine Tickets

Kommt der gläserne Fußballfan?

Schon jetzt ist klar, dass die Massenveranstaltung "Fußball-WM" in Sachen Kartenverkauf ein höchst individualisierter Prozess wird. Wer sich ein Ticket kaufen möchte, muss dem Organisationskomitee online erst einmal mitteilen, wie er heißt, wo er wohnt und wann er geboren wurde. Bürgerpflicht ist es auch, die Nationalität, das Geschlecht sowie die Nummer des Personalausweises bzw. Reisepasses anzugeben. "Das ist notwendig, damit letztlich die Identität des Karteninhabers auch zweifelsfrei nachgewiesen werden kann", sagt Datenschützerin Hillenbrand-Beck. Sie leitet das Datenschutzreferat beim Regierungspräsidium in Darmstadt, das für den Deutschen Fußball-Bund zuständig ist. Die Angabe von Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Adresse wird hingegen freiwillig sein.

Datensammeln per Mausklick - Widerspruch per Schneckenpost

Stichtag 1. Februar Was das Komitee mit den gewonnen Daten anfängt, lässt sich aus den Datenschutzbestimmungen zum Erwerb von Eintrittskarten für den Konföderationen Pokal ableiten. Darin steht, dass das Organisationskomitee die Daten des Kartenkäufers zur Werbung und zur Marktforschung nutzen darf; es sei denn, der Käufer widerspricht dem. Interessant dabei: Die Registrierung des Käufers und die ganze Abwicklung des Kartenkaufs läuft online per Mausklick. Nur für den aus Sicht des Kunden vielleicht ganz sinnvollen Widerspruch muss er sich schriftlich an die FIFA wenden.

Diese fragwürdige Praxis wird das Organisationskomitee allerdings ändern: Der DFB darf die Daten für Werbe- und Marktforschungszwecke nur verwenden, wenn der Besteller ausdrücklich zustimmt.

Umstritten: RFID-Chip auf Eintrittskarten

RFID gilt als viel versprechende Zukunftstechnologie. Datenschützer haben allerdings ihre Zweifel. Mehr dazu in unserem Dossier: RFID - Kleiner Chip, große Wirkung

Noch mehr Wirbel als das eifrige Datensammeln beim Kartenbestellen macht die Ankündigung, auf jeder Eintrittskarte werde ein so genannter RFID-Chip untergebracht sein. Dieser Chip macht das Ticket einmalig. "Auf dem Chip werden aber keine personalisierten Daten hinterlegt sein", sagt Datenschützerin Renate Hillenbrand-Beck. Lediglich eine verschlüsselte Identifikationsnummer soll dazu dienen, das Ticket beim Eintritt ins Stadion zu identifizieren: Am Stadioneingang funkt der Chip einem Lesegerät aus kurzer Distanz seine Nummer zu - die dahinter geschaltete Datenbank stellt fest, ob das Ticket ok ist und gibt das Drehkreuz frei. Der für die WM gewählte RFID-Chip soll lediglich bis zu 15 Zentimeter weit funken können.

Wer hingegen sein Ticket teuer weiterverkauft, riskiert, dass die Eintrittskarte elektronisch gesperrt wird. Voraussetzung dafür: Das Sicherheitspersonal hat den untersagten Verkauf mitbekommen. Potenzielle Schwarzmarktkäufer müssen also damit rechnen, dass ihnen das teuer bezahlte Billett den Eintritt ins Stadion verwehrt. Auch mogeln soll sich nicht lohnen. Wer einmal im Stadion ist und das Ticket seinem Freund durch den Zaun reicht, kann es sich auch gleich sparen: Beim Zugang zum Stadion wird dem Chip das Merkmal gesetzt "Ich bin drinnen" - beim nächsten Versuch bleibt das Drehkreuz deshalb gesperrt.

Aus Sicht des Organisationskomitees bietet die RFID-Technologie vor allem zwei Vorteile: Einerseits einen "deutlich verbesserten Kundenservice bei der allgemeinen Sicherheit", andererseits "hochwertige Nachhaltigkeit", da die Stadionbetreiber auch über die WM hinaus von der eingesetzten Technologie profitieren können.

Ticket für die EURO 2004 - Papier ohne RFID-Chip

Die Fußball-Europameisterschaft 2004 in Portugal ging das Thema "Personifizierung" noch recht locker an. Wer eine Eintrittskarte wollte, musste ähnlich wie zur WM 2006 sein Interesse schriftlich anmelden. Auf den Tickets stand schlussendlich dann der Name des Bestellers und eine Bestellnummer. Auf der Rückseite des Billetts: ein Barcode, der beim Eintritt ins Stadion ausgelesen wurde. Das Procedere glich dem, was Skiläufer schon seit Jahren kennen, wenn sie am Lift ihren Skipass kurz in ein Lesegerät stecken.

Bayerischer Rundfunk

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Bayrischer Rundfunk, München , 24. Januar 2005
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