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RFID-Chips bei Metro AG und Fußball-WM

V o l l e K o n t r o l l e

Smart-Chips mit RFID (Radio Frequency Identification) sind aud dem Vormarsch. Der Einzelhandelskonzern Metro (u.a. Kaufhof, Real) will die Labels noch in diesem Jahr einfüh- ren - zunächst bei Paletten und Transportverpackungen. RFID (siehe Bericht in CHIP 02/04) funkt Produktinformationen über kurze Strecken. Langfristig sollen die Chips Barcodes ablösen. Die Umrüstung aller 800 Warenhäuser und Vertriebs- center will die Metro bis 2007 abschließen. Auch das Organi- sationskommitee der Fussball-WM 2006 in Deutschland plant den Einsatz von RFID, um damit den Zugang zu den zwölf Stadien zu kontrollieren. Die Chips auf den Tickets sollen Fälschungen erschweren und sicherstellen, dass ausschließlich berechtigte Personen in die Stadien gelangen. Das System schließt bekannte Gewalttäter vom Erwerb der Tickets aus und soll Schwarzhandel unterbinden. Für das Konzept arbeiten die WM-Organisatoren mit Philips Semiconductors zusammen. Info: www.fifaworldcup.com

Aus Chip 02/2004 Seiten 14 und 15:

Intelligente Etiketten

D e r C h i p , d e r u n t e r d i e H a u t g e h t

Alles wird identifizierbar, alles lässt sich kontrollieren: Smart-Chips lösen Strichcodes ab und werden allgegenwärtig - als Kapseln, Etiketten und sogar als Implantate.

Die diebstahlsichere Kreditkarte ist da. Keiner sieht sie, keiner kann sie greifen - denn sie sitzt als 12 mm lange Kapsel unter der Haut. Wer da- mit bezahlen will, führt den implantierten Chip an einer entsprechenden Scannerkasse vorbei. Die Technik, derer sich die US-Firma Applied Digi- tal Solutions (www.adsx.com) bedient, nennt sich Radio Frequency Identification (RFID). Mit ihr las- sen sich Daten wie Kreditkarten- oder Produkt- infos automatisch vom Chip via Radiowellen zu den dazugehörigen Lesegeräten übertragen - und dort mit einer Datenbank verknüpfen, in der wei- tere Infos lagern oder gesammelt werden. Der Chip, der unter die Haut geht, ist bereits entwickelt, aber als Anwendung noch Zukunfts- musik. Auf anderen Gebieten steht die RFID dage- gen vor dem Durchbruch: Dank der Smart-Chips sollen Koffer und Lagerware nie wieder spurlos verschwinden, Arznei- und Lebensmittel bis zu ihrer Produktionsstätte zurückverfolgbar sein.

Smart-Chips werden tägliche Begleiter

Bis 2008 werden diese Chips laut einer Studie von Forrester Research die Strichcodes aus den Läden verbannt haben - Kassiererin und Bargeld vielleicht gleich mit. Kein Wunder, dass Kurier-, Logistik- und Handelsfirmen, aber auch Bibliotheken und Kliniken schon gespannt auf Pilotprojekte blicken, wie sie beispielsweise in der Gepäcklogis- tik am Amsterdamer Flughafen laufen oder im Rheinberger "Future Store" (www.future-store. org) der Metro Group. Bodo Ischebeck, Leiter der "Ident Solutions" beim Cip-Hersteller Infineon schätzt, dass RFID Mitte 2004 den Durchbruch schafft, um dann nach und nach die gesamte Warenwelt zu erobern. Die Standads sind be- schlossen, Chips für jeden Bedarf vorhanden - als Kapseln, aufklebbare Etiketten von der Rolle oder als temperatursensible Kontrollstreifen. Selbst der Preis wird bald kein Hindernis mehr sein. Tom Groth, Chef-Visionär bei Sun Micro- systems, das ein RFID-Testcenter betreibt, sagt: "Allein durch den Bedarf der Handelsriesen Wal Mart und Metro für ihre Testprojekte sind die Chip-Preise von zwei Euro auf 20 Cent gefallen. Drei, vier Konzerne mehr, un der Preis sinkt unter die entscheidende Zwei-Cent-Schwelle." Doch auch Kritik wird laut - von Daten- und Verbraucherschützern, die nichts gegen eine bessere Logistik haben, aber umso mehr gegen heimliche Überwachung: So ließen etwa Markt- forscher Kunden vor Ladenregalen fotografieren. Den Auslöse-Impuls für die Nahaufnahmen bekam die Kamera von den RFID-Etiketten auf den Produkten. Rena Tangens vom Datenschutzverein FoeBuD (www.foebud.org), der die Big Brother Awards vergibt, warnt davor, sich von den Vorteilen der RFID-Chips blenden zu lassen. Denn: "Heute mögen die gesammelten Daten harmlos erscheinen. Morgen erhöht die Kranken- kasse die Beiträge, weil ihre Versicherten Zigaretten oder zu viel Süßes kaufen."

Datenschutz muss sein

Mit einem lückenlosen Kontrollsystem in Big- Brother-Manier ist zwar nicht zu rechnen - da- für ließen sich die Funksignale per Störsender zu leicht ablenken. Dennoch, so Rena Tangens, "müssen Unternehmen wie Regierung vorab dafür sorgen, dass die Privatsphäre und die Datenschutzrechte der Betroffenen gewahrt bleiben". Etwa dadurch, dass die Labels am Ladenausgang zerstört werden oder der Kunde selbst entscheiden kann, ob und wann er RFID- Dienste in Anspruch nimmt. Zudem muss geklärt werden, wer welche Da- ten speichern darf und die Verantwortung dafür übernimmt. Sonst droht ein Werbe-Bombardement, das dank Dauerobservation per RFID genau auf jeden abgestinnt ist: Ein Griff ins Zigaretten- regal genügt dann, damit einem auf dem Monitor darüber das HB-Männchen oder der Marlboro- Cowboy entgegenspringt. kim.kranz@chip.de

Kasten "Kurz kommentiert" (auch von Seite 15):

Dr. Joachim Jacob, Bundesbeauftragter für den Datenschutz

D e r K u n d e m u s s d i e W a h l h a b e n

Da es möglich ist, auf RFID-Chips Personendaten zu speichern oder mit ihrer Hilfe zu solchen zu verknüpfen, ist es wichtig, datenschutzrechtliche Aspekte bei der Entwicklung und Nutzung der Chips von vornherein einzubeziehen. So muss eine RFID- Etikettierung deutlich und leicht verständlich angezeigt werden, das Auslesen der Chips transparent sein und ein Chip nach Bezahlen der Ware möglichst automatisch deaktiviert werden. Zudem müssen die Verbraucher die Tags selbst aufspüren und gegebenenfalls deaktivieren können. Entwicklungen wie die eines RFID-Chips, der als Kreditkarte unter die Haut gepflanzt werden kann, sind besonders kritisch. Solch ein Einsatz ist natürlich nur auf freiwilliger Basis mit Einwilligung des Kunden möglich. Dabei ist eine vorherige umfassende Aufklärung besonders wichtig.

Chip, Februar 2004
Original: Chip 03/2004 Seite 24

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