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RFID-Visionen

Die drahtlose Identifikation von Gegenständen per Funk-Chip hatten CeBIT-Aussteller verschiedenster Herkunft zum Thema erhoben.

Als erster Handelskonzern leistete sich die Metro AG im Rahmen der von ihr betreuten Future-Store-Initiative einen eigenen CeBIT-Messestand. Zuvor hatte Gerd Wolfram, Chef der Metro-IT, betont, ein wichtiges Motiv für die Schaffung der teuren RFID-Infrastruktur liege in der Rationalisierung von Anlieferungsprozessen bei den Handelsniederlassungen. Anders als das bisher in Fachvorträgen zu vernehmen war, stellte er jedoch eindeutig in den Vordergrund: „Wir wollen den Kunden das Einkaufen mit RFID attraktiver gestalten“.

Passend dazu konnte man Mini-Computer zum Aufstecken auf Einkaufswagen besichtigen, die - auf dem Messestand noch per Strichcodeleser ermittelte - Detailinformationen zu den eingepackten Artikeln zeigten, und eine Selbstzahlerkasse, die den Einkauf künftig per Funk identifizieren könnte.

Als Andeutung für neue Anwendungen fand sich eine intelligente Waschmaschine, die künftig Alarm schlagen könnte, bevor man RFID-markierte rote und weiße Wäschestücke gemeinsam wäscht. Am Stand ausgegebene Smart-Cards mit RFID-Transponder konnte man an speziellen Infopunkten drahtlos mit dort erhältlichen Informationen aufladen und diese später im Media Café des Standes auslesen.

Die Metro zeigte auch einen RFID-Deaktivator (wie am realen Future-Store am Niederrhein installiert), der zwar nicht die Seriennummer, aber die artikelbezogenen Inhalte von RFID-Etiketten löscht. Ein Zeichen, dass solche Darbietungen noch längst nicht das erhoffte Verbrauchervertrauen errungen haben, war die Demonstration von RFID-Gegnern auf dem Metro-Stand am ersten Messetag.

Viviane Reding, EU-Komissarin für Informationsgesellschaft und Medien, startete zur CeBIT eine mehrmonatige Konsultation, um sich ein ausgewogenes Bild über etwaigen Handlungbedarf auf Grund des RFID-Siegeszuges zu machen. Im Vorfeld einer mäßig kontroversen Podiumsdikussion betonte Reding, wie wichtig das Vertrauen der Verbraucher sei, wenn die RFID-Technik der Wirtschaft zum Höhenflug verhelfen soll. Für wirtschaftliche Erfolge komme es sowohl auf länderübergreifende Regelungen an, etwa zur Freigabe von Frequenzbändern, als auch darauf, die informationelle Selbstbestimmung der EU-Bürger im Zusammenhang mit neuen Scan-Möglichkeiten durch RFID-Lesegeräte sicherzustellen.

Um Verbrauchervertrauen bemüht sich auch Chip-Produzent IBM mit einem Transponder, dessen Antenne sich mit einer Münze vom RFID-Chip abtrennen lässt. IBMs Chief Privacy Officer Armgard von Reden brachte das Motiv auf den Punkt: „Was geht es andere an, welche Unterwäsche ich trage oder wo ich etwas gekauft habe?“

c't, Hannover, 20. März 2006
Original: http://www.heise.de/ct/06/07/042/

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