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RFID-Tags: Spionagewerkzeuge oder Hilfsmittel beim Einkauf?

Ein durchschlagender Erfolg war sie nicht gerade: Gerade einmal 40 Teilnehmer zählte die Demonstration, die der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V. (FoeBuD) vor dem Extra Future Store des Handelskonzerns Metro in Rheinberg am vergangenen Samstag veranstaltete. Die Aktivisten protestierten dagegen, dass Metro im „Supermarkt der Zukunft“ Payback-Kundenkarten verwendete, die mit so genannten RFID Tags (Radio Frequency ID) bestückt waren.

Die Funketiketten enthalten eine ID-Nummer, mit deren Hilfe der Nutzer eindeutig identifiziert werden kann. Nach Angaben von Metro dienten die Informationen lediglich dazu, um das Alter der Kunden festzustellen. Der Konzern wollte damit angeblich verhindern, dass sich Kinder oder Jugendliche Ausschnitte aus Filmen ansahen, die nicht für ihre Altersgruppe freigegeben waren. Immerhin deaktivierte Metro nach den Protesten von FoeBuD diese Funktion auf den 10 000 RFID- Kundenkarten, die im Testmarkt in Rheinberg verwendet werden.

Die Aufregung um die RFID Tags macht deutlich, dass dieses Thema „hoch politisch“ ist. Es ist nachvollziehbar, dass Unternehmen ihre Lieferkette mithilfe der Funketiketten effizienter gestalten wollen. Die Planungen der Metro Group sehen vor, dass im ersten Schritt 100 Zulieferer, zehn zentrale Warenhäuser und an die 250 Läden die Tags einsetzen. Lagerhaltung und Bestellwesen lassen sich auf diese Weise optimieren. Dass ein Regal im Supermarkt leer bleibt, etwa weil zu spät neue Ware geordert wurde, dürfte dann wohl nur noch in Ausnahmefällen vorkommen.

“Tracking“ mit im Preis drin

Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn eine eindeutige Zuordnung zwischen dem Käufer und der Ware hergestellt werden kann, die der in seinen Einkaufswagen legt. Denn Informationen darüber, wer wann welche Waren einkauft, sind für die Anbieter Gold Wert. Denn sie erlauben es den Firmen, das Sortiment besser auf ihre Klientel abzustimmen, angefangen von der Auswahl der Produktlinien bis hin zur optimalen Platzierung im Regal.

Selbst hier könnte man noch argumentieren, dass ein solches „Tracking“ zulässig ist, wenn der Kunde zuvor darüber informiert wurde und dem zugestimmt hat. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Eine Garantie dafür, dass der Einzelhändler auf Wunsch darauf verzichtet, das Einkaufsverhalten des Kunden zu protokollieren, gibt es nicht. Es fehlen schlichtweg neutrale Kontrollinstanzen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge muss der Kunde schlichtweg glauben, dass seine Daten nicht gespeichert werden – oder er verzichtet eben auf die Kundenkarte und die damit verbundenen Vorteile.

Viel vehementer als hier zu Lande wird die Diskussion um das „Ausspionieren“ von Kunden in den USA geführt. Organisationen wie Consumers against Supermarket Privacy Invasion (Caspian) führen fast schon einen Glaubenskrieg gegen Kundenkarten mit RFID-Chips. Im Bundesstaat Kalifornien wurde gar ein Gesetzesantrag eingebracht, der den Einsatz von RFID-Systemen reglementieren will. Unternehmen, die mithilfe von Funketiketten Daten sammeln, sollen dazu verpflichtet werden, dies ihren Kunden mitzuteilen.

Fazit: Der Einsatz von RFID Tags ist dort in Ordnung, wo es um die Verbesserung von Abläufen geht, etwa in der Logistik. Kommen jedoch Menschen und deren informationelle Selbstbestimmung ins Spiel, ist höchste Vorsicht geboten. Der Bürger – und Kunde – ist bereits „gläsern“ genug. Ihn noch transparenter zu machen, mag bestenfalls Marketingstrategen als legitim erscheinen.

Einen Ausweg aus dem Dilemma könnten spezielle RFID Tags bieten. Die auf Sicherheitslösungen spezialisierte Firma RSA Security stellte Ende Februar den Prototypen eines „Blocker Tag“ vor. Dies ist ein spezielles Funketikett, das Lesegeräte daran hindert, die auf ihm gespeicherten Kundeninformationen abzurufen – es sei denn, der User gibt die Erlaubnis dazu. Die Übermittlung anderer Daten, etwa an ein Warenwirtschaftssystem, wird dagegen nicht geblockt, etwa wie viele Flaschen eines Getränks im Regal X noch vorhanden sind.

In einem Test in einer amerikanischen Apotheke erwies sich die Blocker Tags noch als fehleranfällig. Allerdings, so ein Sprecher von RSA Security, werde es auch noch einige Jahre dauern, bis RFID Tags in großem Maßstab im Einzelhandel zum Einsatz kämen. Und bis dahin werde auch die Blocker-Tag- Technik ausgereift sein.

Bernd Reder

cyDome.de, München, 01. März 2004
Original: http://cydome.com/de/berndreder/archives/000180.shtml

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