Mit einem Designwettbewerb wollte die RFID-Industrie ihr Image aufpolieren. Datenschutzaktivisten entwickelten ein eigenes Logo: ein Strahlenschutzsymbol.
RFID-Chips sind nicht aufzuhalten. Schon heute spielen die per Funk auslesbaren Chips in der Logistik eine wichtige Rolle, die Industrie entwickelt ständig neue Anwendungsszenarien: Dank der Mini-Sender soll verlorenes Gepäck an Flughäfen bald der Vergangenheit angehören, auch der neue Elektronische Personalausweis wird die RFID-Technik enthalten.
Eine Expertengruppe der EU-Kommission plant derzeit ein Regelwerk, wie die Industrie in Zukunft mit der Technik umgehen soll. Denn RFID ist nicht harmlos: So beeinflusste die RFID-Technik in Versuchen empfindliche medizinische Geräte und brachten sogar Herzschrittmacher zum Stillstand. Datenschützer befürchten, dass mit den „Schnüffelchips“ bald schon Leben und Konsumgewohnheiten der Bürger heimlich erfasst werden.
Die Ergebnisse sehen – wie zu erwarten war – grundverschieden aus. Der Industrieverband Informationsforum RFID präsentierte am Mittwoch im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin seinen Favoriten: „RFID“ in blauer Schrift vor einem blassrosa Hintergrund, der die Leiterbahnen eines Funkchips symbolisiert. „Sicherheit und Seriosität“ soll das Logo vermitteln, wie es in den Ausschreibungsunterlagen heißt.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gibt seinen Segen: „Funketiketten können nicht nur zur Optimierung der Wirtschaftsabläufe beitragen, sie können auch die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger verbessern, sei es bei der Lebensmittelrückverfolgung, im Gesundheitswesen oder beim Umweltschutz.“
Doch Industrie und Regierung haben ihre Rechnung ohne die RFID-Gegner gemacht. Seit Jahren streitet der Bürgerrechtsverein „FoeBuD“ (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V.) gegen die neue Technik – mit wenig Mitteln, aber viel Engagement. Der Bielefelder Verein hat kurzerhand seinen eigenen Wettbewerb ausgerufen und noch vor der Industrie seinen Gewinner vorgestellt. Das Symbol erinnert stark an das offizielle Atomkraft-Warnzeichen. Nicht ohne Grund, wie FoeBuD-Aktivistin Rena Tangens gegenüber FOCUS Online erläutert: „Das Zeichen signalisiert eine unsichtbare Gefahr: nämlich gescannt und identifiziert zu werden, ohne es selbst zu bemerken.“ Statt Seriosität soll es Gefahr signalisieren, es soll aufschrecken statt beruhigen.
Die Industrie zeigt sich wenig begeistert. Eine Sprecherin des Informationsforums RFID erklärt gegenüber FOCUS Online: „Ein RFID-Logo soll nach unserer Auffassung Verbraucher neutral und sachlich über die Technologie informieren, damit sie ihre eigene Entscheidung treffen können. Eine Art ´Warnlogo´ wie vom FoeBud halten wir nicht für erforderlich.“ Doch die Datenschützer haben ihren Vorschlag bereits bei der zuständigen Arbeitsgruppe der EU-Kommission eingereicht. Gerald Santucci, Leiter der EU-Arbeitsgruppe „Networked Enterprise & Radio Frequency Identification“ hat den Vorschlag des FoeBud in Empfang genommen: „Die Initiative des FoeBuD zeigt, dass die Interessengruppen in Europa Information und Transparenz beim Gebrauch der RFID-Technik erhöhen wollen“. Die Datenschutzaktivisten sollen bei den nächsten Konsultationen der EU hinzugezogen werden.
Torsten Kleinz
Focus, München, 17. Oktober 2008
Original: http://www.focus.de/digital/computer/rfid-funkchips-mit-zwei-gesichtern_aid_341405.html