Die Zeit drängt. Im Sommer 2006 will der Deutsche Fußball-Bund mit Gästen aus aller Welt und den Fans hierzulande ein Freudenfest feiern. Da kann es sich der größte Sportverband der Welt weder leisten, einen Skandal zu vertuschen, noch, ihn lange am Köcheln zu halten. Aufklärung tut Not. Was am Wochenende sehr hoffnungsvoll begann, setzt sich nun etwas zäh - um nicht zu sagen: verworren - fort. Die ersten Tage angeblich schonungs- loser Aufdeckung nach dem vermuteten Spiel- und Wettbetrug durch einen (oder mehrere?) Schiedsrichter werfen Fragen an die Spitze des Verbandes auf, die auch ohne den Verweis auf laufende Ermittlungen schnell beantwortet werden sollten.
Warum hat der DFB nicht schon im August, als die von ihm eingeschaltete Kriminalpolizei einem Hinweis auf den Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer nachging, die Öffentlichkeit informiert? Weil bei den Ermittlungen angeblich nichts herausgekommen ist? Schon ein Hinweis auf die Gefahren, die dem ach so sauberen Sport drohen könnten, hätte Unparteiische, Spieler und Funktionäre sensibilisiert. Jedenfalls wäre es dem DFB-Chefankläger Horst Hilpert wohl unter dann genauerer Beobachtung sehr schwer gefallen, die Ermittlungen über das zwielichtige Spiel Aue gegen Oberhausen innerhalb von 24 Stunden einzustellen. Blitzschnell war wieder Schweigen im Walde, obwohl es auch da um vermeintlichen Wettbetrug ging. Damals standen zwei Spieler von Oberhausen unter Verdacht, weil sie unter sehr merkwürdigen Umständen ein Eigentor und ein Elfmeterfoul produziert hatten. Eingedenk der Blitz-Beerdigung des "Falls Oberhausen" erhebt sich nun die Frage, warum die Schiedsrichter, die jetzt ihr Gewissen erleichterten, nicht schon früher vor Schreck aufgeschrieen haben.
Sehr erhellend ist das, was die Berliner Zeugen im Falle ihres jungen Kollegen Hoyzer bislang der Öffentlichkeit preisgaben, ohnehin nicht. In offenbar vorauseilendem Gehorsam verpassen sich die Unparteiischen einen Maulkorb, obwohl doch allenthalben der Duktus brutalstmöglicher Aufklärung verbreitet wird. Ihre nebulösen Andeutungen lassen viele Interpretationen zu. Ihr Rückzug auf unverdächtige Worthülsen stutzt den pfeifenden Halbprofi Hoyzer, der nach DFB-Angaben ja im Verdacht steht, in die Berliner Halbwelt abgeglitten zu sein, im Grunde auf die Figur eines Prahlhanses zurück.
Wer, was, wann gewusst und wem weiter gesagt hat, bleibt derzeit noch im Dunkeln. Dort schnellstens hinein zu leuchten, ist Aufgabe des DFB.
Siehe Artikel Sport: Personalisierte WM-Tickets alarmieren Datenschützer
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005, Dokument erstellt am 25.01.2005 um 17:20:21 Uhr, Erscheinungsdatum 26.01.2005
Jürgen Ahaeuser
Frankfurter Rundschau, 26. Januar 2005
Original: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/sport/sport/?cnt=622754