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Fragwürdige Sicherheit

Bürgerrechtler zweifeln am Nutzen von Funkchip-Tickets für Fußball-WM und fürchten den Missbrauch der Technik

Jetzt geht's los. Der Verkauf der Eintrittskarten für die Fußball-WM 2006 beginnt am heutigen Dienstag. Nicht nur das Verlosungsverfahren ist umstritten, sondern auch der Einsatz von so genannten RFID-Chips. Das Organisationskomitee wiegelt ab, doch Bürgerrechtler befürchten, dass eine Infrastruktur zur Überwachung der Bürger entsteht.

Sie sind klein, unscheinbar und der Alptraum für Datenschützer: die Radio-Frequency-Identification-Chips, kurz RFID. Zuerst als Innovation für Lagerhaltung und Handel gedacht, dringen sie in immer neue Gebiete vor. „Die WM wird von Sponsoren und Überwachungs-Industrie missbraucht, um Schnüffel-Technik einzuführen und die Fans auszuspionieren", kritisiert Rena Tangens vom Bielefelder Verein FoeBuD.

Die Datensammelwut im Vorfeld der WM irritiert die Datenschützer. So müssen Fans eine ganze Reihe von persönlichen Daten angeben, wenn Sie sich um WM-Tickets bewerben. Zuviele Daten. Die Personalausweisnummer gehört nach Ansicht des FoeBuD keinesfalls „auf einen privatwirtschaftlichen Antrag", ebenso wenig wie das Geburtsdatum oder die Fanzugehörigkeit.

Die auf dem Ticket angebrachten RFIDEtiketten bezeichnet FoeBuD als „Schnüffel-Technik". Schon lange betrachtet der „Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" die Entwicklung bei den Funk-Chips mit Sorge. Wesentliches Merkmal der Technik ist, dass Daten per Funk ausgelesen werden können. Wenn sie mit einer bestimmten Frequenz angestrahlt werden, funken sie eine Kenn-Ziffer zurück. Für die Lagerhaltung bietet das Vorteile: Will man eine Warenlieferung registrieren, muss man sie nur noch durch eine Funkschranke bewegen.

Großes Interesse beim Handel

Handelsriesen wie Metro legen sich mächtig ins Zeug, um diese Technik durchzusetzen. Ziel ist es, die Verteilung von Waren erheblich zu beschleunigen. Hohe Kosten und technische Schwierigkeiten hatten bisher den breiten Einsatz verhindert. Diese Konzepte bereiten dem FoeBuD-Aktivisten padeluun kaum großen Sorgen. Kritisch wird es für den Bürgerrechtler aber, wenn die Chips nicht nur mit Waren, sondern auch mit Menschen in Verbindung gebracht werden. „Dann wird schon der Gebrauch der Daten zum Missbrauch".

Das Organisationskomitee der Fußballweltmeisterschaft kann die Bedenken nicht nachvollziehen. Man habe sich im Vorfeld mit allen zuständigen Stellen abgestimmt. Auf den Chips selbst seien keine personenbezogenen Daten enthalten. Der gespeicherte Code sei lediglich dazu bestimmt, die Zugangskontrolle zu den Stadien zu ermöglichen. Hat der Chip die richtige Nummer, geht das Drehkreuz auf.

Für padeluun sind solche Argumente „heiße Luft". FoeBuD verweist darauf, dass es prinzipiell möglich sei, mittels RFID-Tickets Bewegungsprofile von Fans zu erstellen. Die Funk-Chips können von jedem ausgelesen werden, der einen entsprechenden Scanner hat - auch auf größere Entfernung. Den Einwand, dass keine vertraulichen Daten auf den Chips seien, lässt padeluun ebenfalls nicht gelten: „Die Daten sind nicht personenbezogen, aber personenbeziehbar". Wenn man einmal eine Verbindung zwischen dem Chip und einer Person hergestellt habe, könne man diese Information immer weiter verwenden.

Den Nutzen für die Sicherheit sieht padeluun als gering an: „Der Schwarzmarkt wird blühen wie immer - höchstens etwas teurer dürften die Schwarzmarkt-Karten werden". Gegen Hooligans helfe die Datensammlung wenig, da die „dritte Halbzeit" in der Regel außerhalb der Stadien ausgetragen werde.

Die WM betrachtet padeluun ohnehin eher als Türöffner. Denn nach dem Turnier existiere die Infrastruktur weiterhin und die Bevölkerung habe sich an den Einsatz von RFID gewöhnt. Die potenziellen Anwendungen sind vielfältig. Wenn beispielsweise in Arbeitskleidung ein RFID-Chip eingenäht ist, kann der Arbeitgeber jederzeit ermitteln, wo sich jeder Beschäftigte befindet. Dass solche Befürchtungen nicht reine Utopie sind, zeigen Experimente in den USA. Das Ministerium für Homeland Security will Pässe mit RFID und biometrischen Daten ausstatten und damit Grenzübertritte nach Mexiko und Kanada kontrollieren

Torsten Kleinz

Frankfurter Rundschau, 01. Februar 2005
Original: Nicht bekannt

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