FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
http(s)://www.foebud.org  ·  foebud@bionic.zerberus.de

Funkchips geraten in die Kritik

Für Metro war es ein kleines PR-Desaster: Datenschützer warnen bei der RFID-Technik vor Möglichkeiten des Missbrauchs.

Als Vorzeige-Projekt in Sachen Innovationsfreude und Offenheit hatte der Handelskonzern Metro den "Future Store" präsentiert. In dem technisch hochgerüsteten Supermarkt suchen Forscher nach der optimalen Einkaufsformel: Regale registrieren, wann sie befüllt werden müssen, Funkchips teilen der Lager-Software mit, wenn ein Produkt in den Einkaufswagen gelegt wird.

Doch ein paar Monate nach de Eröffnung war der Future Store bereits wieder in den Schlagzeilen - zusammen mit Vorwürfen von Irreführung und Etikettenschwindel. Metro hatte die schärfsten Kritiker eingeladen, sich den Projektsupermarkt einmal genau anzuschauen: Eine Delegation des Foebud e.V.. Ausgeschrieben heißt die Bielefelder Organisation "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs". Parlamentarier und Datenschützer ziehen den Foebud regelmäßig zu Beratungen hinzu. Einmal im Jahr verleiht der Verein den "Big Brother Award" und versucht auch sonst, all jene Technik wie Vielflieger-Karten und öffentliche Kameras im Auge zu behalten, die sich für eine Überwachung missbrauchen lässt. Dazu gehören auch RFID-Etiketten (Radio Frequency Identification). "Wir sind gar nicht gegen die Technik", sagt Rena Tangens, eine Mitbegründerin des Vereins, "aber man kann die Einführung nicht den Konzernen überlassen."

Demonstration vor dem Future-Store

Deswegen wird recherchiert. Tangens war bei der Besichtigung des Future-Stores dabei - und stieß auf Löcher im Datenschutz-Konzept: Der "Deaktivator", mit dem Kunden das Funketikett nach dem Einkauf löschen sollten, ließ in der von Metro aufgestellten Version einen Datenrest zurück. Zudem hatte Metro ohne entsprechenden Hinweis einen Funkchip in der Kundenkarte eingebaut. In der Kombination wäre aus beiden Chips die eindeutige Zuordnung von Einkäufen zu Kunden möglich. Die Beteuerungen von Metro, eine solche Datensammlung sei gar nicht beabsichtigt, konnte den Entrüstungssturm nicht besänftigen. Es gab eine kleine Demonstration vor dem Future-Store. Daraufhin änderte Metro die Karte und sicherte zu, einen besseren Deaktivator zu bauen.

Die derzeit laufende RFID-Einführung im regulären Handel hat allerdings noch keine Berührungspunkte mit dem Schutz der Verbraucherdaten: Aus Kostengründen werden bislang meist nur Umkartons oder Paletten mit Funkchips ausgestattet. "Das mit der Wirtschaftlichkeit kann sich sehr schnell ändern", sagt Tangens, "deswegen muss jetzt schon an Lösungen gearbeitet werden." Darin sieht sie auch eine Chance für Deutschland - eine Technik nach einer öffentlichen Diskussion mit breiter Zustimmung einzuführen. Hier trifft sich die Position des Foebud mit der von Branchenexperten: Schließlich wäre es töricht, gegen die Bedenken der Kunden Funkchips an Produkten einzuführen.

Martin Virtel

Financial Times Deutschland, Hamburg , 23. September 2004
Original: http://www.ftd.de/ub/di/1094280033563.html?nv=wn

© WWW-Administration, 08 Mar 06