Verbraucher- und Datenschützer haben für den 28. Februar 2004 zur Demonstration gegen eine unkontrollierte RFID-Einführung (Radio Frequency Identification Devices) im Einzelhandel aufgerufen. Der Auslöser dafür sind trotz gestelltem Ultimatum weiter laufende RFID- und Kundenkarten-Tests im Metro Future Store.
Der "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V." (FoeBuD) sowie die US-Verbraucherschützerorganisation CASPIAN hatten der Metro-Gruppe das Ultimatum gestellt, bis zum 16. Februar 2004 auf RFID- und Kundenkarten-Tests zu verzichten. Da es bisher keine Reaktion seitens der Metro-Verantwortlichen gegeben habe, wurde nun öffentlich zur Demonstration aufgerufen.
Beteiligt am Aufruf sind der FoeBuD e.V., die Attac AG-Wissensallmende, die Grüne Jugend, der Chaos Computer Club e.V., der FITUG e.V., der DVD e.V., die Initiative Stop 1984, das Netzwerk Neue Medien e.V., die Wau Holland Stiftung, CASPIAN sowie weitere Organisationen und Einzelpersonen. Neben einer kontrollierten RFID-Einführung fordern sie den sofortigen Abbruch der RFID- und Kundenkarten-Tests sowie die Einrichtung und Finanzierung eines Gremiums aus Daten-, Verbraucher- und Umweltschützern, Bürgerrechtlern sowie Arbeitnehmervertretungen "zur gesellschafts- und demokratieverträglichen Einführung der RFID-Techniken." Das Gremium soll entsprechende Regeln erarbeiten, bevor weitere Tests mit der Technik aufgenommen werden sollen.
Bei RFID-Chips (Radio Frequency Identification) handelt es sich um kleine und preiswerte Computerchips, die sich berührungslos per Funk auslesen lassen. Eine Antenne sendet einen Impuls und die Chips senden eine eindeutige Nummer zurück. Die "Schnüffel-Chips" schätzen die RFID-Kritiker vor allem deshalb als problematisch ein, da sie am Ladenausgang nicht zerstört werden und somit weiterhin für jeden Interessierten unbemerkt lesbar sind - sei es durch andere Supermärkte, Behörden oder jeden anderen, der ein angeblich im Elektrohandel erhältliches Lesegerät besitzt.
Eine Deaktivierung der Chips soll technisch derzeit nicht möglich sein, weshalb die neue Technik laut FoeBuD der Überwachung und dem Ausspionieren von Kunden und Verbrauchern völlig neue Möglichkeiten eröffnen würde. Da es das langfristige Ziel sei, jeden Gegenstand auf der Welt mit einem RFID und damit dieser weltweit eindeutigen Nummer zu versehen, würde dies eine bisher einzigartige Identifizierung und Lokalisierung auch von Personen erlauben.
Laut FoeBuD testet die Metro-Gruppe seit Anfang 2003 im Extra-Future-Store in Rheinberg bei Duisburg RFID-Tags, unter einigen Preisetiketten (Philadelphia Frischkäse, Pantene Shampoo und Gillette Rasierklingen) verborgene Chips. Zwar müssen die Waren dank RFID-Etiketten nicht mehr aus dem Einkaufswagen gehoben werden, könnten ihre Daten aber nach dem Bezahlen noch weitergeben. Der so genannte "Deaktivator" im Future-Store wiegt sich den Datenschützern zufolge in trügerischer Sicherheit: Die weltweit eindeutige Nummer werde damit nicht gelöscht.
Durch Zufall fanden die Bielefelder Datenschützer des FoeBuD e.V. auch einen RFID-Chip in der Metro-/Payback-Kundenkarte und zeigten sich entsetzt über die dadurch mögliche "neue Dimension der Kundenüberwachung". Im Aufruf zur Demonstration gegen unkontrollierten RFID-Einsatz heißt es weiter: "Damit ist die rechtlich unzulässige Datensammlung und Verknüpfung der Einkaufsdaten mit einer bestimmten Person ohne Wissen der Betroffenen technisch möglich geworden. In Rheinberg ist ein Feldversuch außer Kontrolle geraten".
Die Demonstration soll am 28. Februar 2004 um 13 Uhr ab Rheinberg Bahnhof bis zum besagten Future-Store stattfinden. Eine halbstündige Kundgebung haben die Organisatoren für 14 Uhr geplant.
Golem.DE, 19. Februar 2004
Original: http://www.golem.de/0402/29853.html