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RFID-Einsatz im Handel rückt langsam näher

In Deutschland geht die RFID-Einführung im Handel jetzt in die nächste Runde: Auf einer vom Handelsblatt ausgerichteten RFID-Tagung[1] kündigte Metro an, am 14. Mai ihren Zulieferern die lange erwarteten Detailinformationen zu geben. Bisher stehen weder die technischen Vorgaben für das EPC-System fest, das langfristig in vielen Bereichen den Barcode ersetzen soll, noch ist geklärt, wer in der Lieferkette für welche Kosten aufkommen soll. So gibt es durchaus Zweifel, ob es der Metro tatsächlich gelingen wird, die bereits ab November geplante RFID-Kennzeichnung[2] von Paletten und Umverpackungen mit Smart Labels tatsächlich noch kurz vor dem von Wal Mart angepeilten Start[3] einzuführen.

Sollte Metro, obwohl noch nicht alle eigentlich notwendigen technischen Standards definitiv stehen, tatsächlich konkrete Anforderungen an die Funketiketten bekannt geben, könnten diese zwar mit den Herstellern über Aufträge verhandeln. Aber selbst dann dürfte die Zeit für die Chiphersteller knapp werden, zumal längst nicht alle potenziellen Anwender vom wirtschaftlichen Nutzen überzeugt sind. Auf der Tagung bemühten sich die meisten der Vortragenden, den Unternehmensvertretern unter den mehr als 200 Teilnehmern Mut zu machen, jetzt in die für Handel und Logistik noch neue Technik einzusteigen, indem sie die vermutlichen Vorteile für die Unternehmen herausstrichen: Geringere Kosten, Schutz vor Diebstahl, schnellere und effizientere Produktionsabläufe, aber auch die Möglichkeit, Kunden individuell anzusprechen, waren die immer wieder genannten "Benefits".

Die durchaus auch vorhandenen Anmerkungen zu den Problemen spiegelten deutlich den derzeitigen Stand der Erfahrungen: Die Pilotversuche beschränken sich auf einzelne Unternehmen und konzentrieren sich noch stark auf das Auslesen der Daten. So standen -- neben den noch fehlenden Standards -- die technischen Schwierigkeiten beim Lesen, die insbesondere von Metall und Flüssigkeiten verursacht werden, ganz oben auf der Liste. Auch den Hinweis, dass man durch Aufklärung und Schutzmöglichkeiten das Vertrauen der Verbraucher gewinnen müsse, um mit RFID Geschäfte machen zu können, fanden insbesondere die Vertreter von Produzenten und Handelsunternehmen wichtig.

CCC Düsseldorf[4] und FoeBuD[5] gingen bei ihrer Demonstration[6] vor dem Tagungsgebäude deutlich darüber hinaus: Sie forderten die Einrichtung eines vom Handel finanzierten Gremiums aus Daten-, Verbraucher- und Umweltschützern sowie Arbeitnehmervertretungen und Bürgerrechtlern, das Regeln und Gesetze zur gesellschafts- und demokratieverträglichen RFID-Einführung entwickeln soll. Für eine intensivere gesellschaftliche Auseinandersetzung hatte auch einer der Referenten, Lorenz Hilty, plädiert. Der Leiter der Abteilung "Technologie und Gesellschaft" der EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), die vor kurzem eine Technologiefolgenabschätzung zum Pervasive Computing vorgelegt hat, warf auch als einziger Referent die Frage nach den Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt auf.

Bei den Erfahrungsberichten von Pilotanwendern fehlten diese Aspekte ebenso wie Hinweise auf konkrete Schwierigkeiten, die sich bei der Vernetzung der gesamten Lieferkette über das Internet möglicherweise ergeben könnten, oder Sicherheitsfragen, die gerade bei Funksystemen sehr schnell interessant werden können. Vielleicht hat Hilty den einen oder anderen mit seinen Anmerkungen hier etwas aufschrecken können. Er warf auch die Frage auf, wer bei einem solch komplexen System, das die Abläufe über Unternehmensgrenzen hinweg möglichst vollständig auf Maschinen überträgt, für Schäden durch Fehlfunktionen und Systemausfälle verantwortlich ist.

(anm[7]/c't) (anm/c't)

Links in diesem Artikel: [1] http://partner.vhb.de/euroforum/21597/vision_01_ankuendigung.htm [2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/43530 [3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/46113 [4] http://www.chaosdorf.de/ [5] http://www.foebud.org/texte/aktion/rfid/demo/index2.htm [6] http://www.heise.de/newsticker/meldung/46938 [7] mailto:anm@ct.heise.de

Heise Online, Hannover , 05. Mai 2004
Original: http://www.heise.de/newsticker/meldung/47137

© WWW-Administration, 08 Mar 06