Anmoderation: Mittlerweile sind sie allgegenwärtig. Winzig kleine Computer-Chips in Kreditkarten, Kundenkarten oder Telefonkarten. Chips auf denen Daten gespeichert werden können. Selbst viele Universitäten nutzen solche Karten für Eingangskontrollen, als Bibliotheks- oder Mensaausweise. Für Datenschützer eine bedenkliche Entwicklung, schließlich lässt sich nicht mehr kontrollieren, was mit den gespeicherten Daten passiert. Industrie und Handel hingegen weisen meist nur auf die Vorteile hin, die moderne Technologien für Kunden und Verbraucher bieten. So auch die Metro AG, die gerade die nächste Generation von Computerchips testet.
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In Rheinberg bei Duisburg ist sie schon zu besichtigen, die schöne neue Konsumwelt, wie sie in der Zukunft aussehen könnte. Die Metro Group betreibt dort den Future Store, einen Supermarkt, in dem sie verschiedenste Zukunftstechnologien testet. Die sollen das Einkaufen einfacher und schöner machen, wie Metro Pressesprecher Albert von Truchsess sagt. 0'16"
O-Ton: "Das ist Beispielsweise eine intelligente Waage. Die muss man sich so vorstellen, dass sie ihre Äpfel einfach auf die Waage legen und die Waage erkennt mit einer Kamera selbst um was es sich handelt, also sie erkennt selbst, dass sind Bananen und druckt dann auch gleich das Etikett aus. D. h., der Kunde muss sich keine Nummer merken.
Für Metro ist der Future Store ein Labor in dem sich die neuen Technologien unter realen Bedingungen, mit realen Kunden testen lassen. Datenschützer hingegen kritisieren den Supermarkt als bedenklichen Freilandversuch. Es ist vor allem eine Technologie die zum Beispiel Claudia Fischer vom Bielefelder Datenschutz-Verein Foebud Kopfschmerzen bereitet: die sogenannte RFIDs. 0'20"
O-Ton: "RFID heißt Radio Frequency Identification. Dass heißt, das sind kleine Schnüffelchips, kleine Computerchips, die sind mittlerweile unglaublich klein, nicht mehr Reiskorn, sondern die gibt es mittlerweile in der Größe von Karnevalsflitter. Das sind Chips, die wenn sie angefunkt werden, eine eindeutige Nummer zurücksenden. Deswegen Identification. Das heißt, man sendet einen Impuls und es kommt eine Nummer zurück und ich weiß dieser Chip ist an einer bestimmten Stelle in einer Schuhsohle an einem Joghurtbecher oder einer Kreditkarte."
Die Industrie möchte mit den RFIDs den alten Strichcode ablösen, der sich derzeit noch auf jeder Tube Zahnpasta, auf jeder Packung Kaugummi befindet. Der Vorteil: Statt einer Sorte Erdbeerjoghurt lässt sich jetzt jeder einzelne Joghurtbecher weltweit genau an einer Nummer identifizieren. Und diese Nummer ist berührungslos ablesbar. Das heißt, sie kann von einer Antenne angefunkt werden, die sich irgendwo, auch in größerer Entfernung befindet. Genau davor warnt Claudia Fischer von Foebud. 0'26"
O-Ton: "Die Gefahr bei RFIDs besteht darin, dass wenn erst Flächendeckend in allen Produkten, in jeder Steckdose, jeder Türklinke, jedem Erdbeerjoghurt ne eindeutig identifizierbare Nummer haben und die ganze Welt mit Antennen überzogen ist, in jeder Türschwelle, in jeder Tanksäule, in jedem Supermarkt und in jedem Eingang vom Rathaus eine Antenne steht, die diese Dinger auslesen und vernetzen kann, dass man dann lückenlos verfolgen kann, wo ist Person x mit Kreditkarte Y und Erdbeerjoghurt C hingegangen und damit komplette Personenprofile möglich werden."
Das solche Personenprofile erstellt werden sollen bestreitet Albert von Truchsess von der Metro AG.
O-Ton: "Es ist mir wichtig zu betonen, es geht bei dem ganzen Thema RFID nicht um Kundendaten, sondern um Produktdaten."
Allerdings sind auch auf den Kundenkarten, die im Futurestore ausgegeben werden, kleine Schüffelchips, wie die Datenschützer von Foebud bei einem Besuch in Rheinberg festgestellt haben. Wenn man die Karte mit einer starken Taschenlampe durchleuchtet kann man den Chip sogar mit bloßem Auge sehen. Foebud kritisiert, dass die Metro AG auf diesen RFID in der Kundenkarte nicht hinweist. Dem widerspricht Albert von Truchsess von der Metro AG.
O-Ton: "Dass ist nicht richtig, dass wir darauf nicht hinweisen. Wir haben an einem DVD-Regal Hinweisschilder dass wir hier RFIDs einsetzen. Dass heißt der Kunde kann mit Hilfe seiner Kundenkarte den Jugendschutz freischalten den wir für die Filme dort installiert haben. Und darauf weisen wir hin. Und dass war auch bei dem Besuch von Foebud im Futurestore schon der Fall."
O-Ton Claudia Fischer: "Zu dem Zeitpunkt haben sie es nicht getan. Wir haben da so Schilder aufgehängt und die hängen da schon ganz lange. Wir können beweisen, die hängen da erst seit unserem Besuch. Und dass ist der Punkt wo ich sage, jetzt glaube ich ihnen gar nichts mehr."
Sagt Claudia Fischer. Die Datenschützer von Foebud haben bei ihrem Besuch in Rheinberg eben jenes DVD-Regal fotografiert. Und auf dem Foto sind die Hinweisschilder auf die RFIDs in den Kundenkarten nicht zu sehen. Foebud fordert deshalb von der Metro.
O-Ton: "Dass sie diese Technik wieder abbauen und erst ein Gremium finanzieren, dass die Gesellschaftsverträglichkeit prüft. Ein Gremium mit Datenschützern, Verbraucherschützern, Gewerkschaftern und so weiter, damit erst die Regeln gemacht werden wie ne Gesellschaft mit RFIDs umgehen will und dann erst eine Technik geprüft und eingeführt wird."
Um ihre Forderungen zu untermauern will Foebud morgen vor dem Future Store in Rheinberg demonstrieren.
Abmoderation: Ein Beitrag von Lars Faulenbach. Die Demo in Rheinberg beginnt um 13 Uhr am Bahnhof und endet um 14 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Future Store. Wir berichten natürlich weiter.
Lars Faulenbach
87,9 Hertz 87,9, 27. Februar 2004
Original: Nicht bekannt