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Datenschützer kritisieren Werbeoffensive der RFID-Industrie

Proteste und Demonstrationen werden erwogen

Datenschützer haben eine kürzlich eingeleitete Werbeoffensive der RFID-Industrie kritisiert. Die Unterstützer der Technologie wollen im Rahmen dessen morgen eine Veranstaltung in den Räumen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durchführen, zu der Vertreter aus Politik und Verbänden geladen sind. "Mit immensem Kostenaufwand versucht die RFID-Industrie die Einführung dieser Kontroll- und Überwachungstechnik durchzudrücken. Kritik soll offenbar mit Werbung erstickt werden", so Rena Tangens von der Datenschutzorganisation FoeBuD in Bielefeld.

RFID (Radio Frequency IDentification)-Chips enthalten eine weltweit eindeutige Seriennummer und sind per Funk auslesbar. Die Komponenten sollen unter anderem die Strichcodes auf Waren ersetzen. Damit werde jedes einzelne Hemd und jede Packung Frischkäse über die weltweit eindeutige Seriennummer identifizierbar und kann damit den Konsumgewohnheiten Einzelner zugeordnet werden, befürchten die Datenschützer. RFID-Chips eröffnen so zwar eine bessere Organisation der Warenströme, aber auch eine neue Dimension bei der Überwachung und Manipulation durch Industrie und staatliche Stellen, hieß es (wir berichteten).

Sönke Hilbrans, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), kritisiert die Methoden, mit denen die RFID-Industrie ihre Interessen durchsetzt: "Trotz intensiver Diskussionen im Expertenforum des Bundeswirtschaftsministeriums weigert sich die RFID-Lobby bis heute, anzuerkennen, dass RFID-Kennungen in Konsumgütern personenbezogene Daten sind. Wir fragen uns, ob die Industrie an einer Einigung mit Daten- und Verbraucherschützern überhaupt noch interessiert ist."

Tangens vermutet dahinter eine Taktik der beteiligten Konzerne. Offensichtlich nutze die Industrie die Konsultationen nur, um Zeit zu gewinnen, Politiker durch Lobbyisten zu beeinflussen und durch Einsatz der Technologie Fakten zu schaffen. "Mit dieser Hinhaltetaktik versucht die RFID-Lobby zu verhindern, dass wirksame gesetzliche Regelungen für die RFID-Nutzung zum Schutz der Bürger erlassen werden. Wir lassen uns das nicht länger bieten."

Die Datenschützer erwägen nun einen Ausstieg aus den Gremien der Bundesregierung zu RFID. Die dadurch gewonnene Zeit soll für mehr Öffentlichkeitsarbeit, Verbraucheraufklärung, Proteste und Demonstrationen genutzt, so Tangens.

Internet.com, Berlin, 18. Januar 2006
Original: http://de.internet.com/index.php?id=2040670

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