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Gegen den großen Bruder

DEMONSTRATION / Verbraucherschützer protestierten am Samstag gegen die RFID-Chips, die die Metro-Gruppe im Extra Future-Store testet. Rund 40 Teilnehmer kamen zur Kundgebung.

RHEINBERG. Die Kunden, die ihre Einkäufe in den Kofferräumen verstauen, können mit dem Anblick nicht so recht etwas anfangen. "Was haben die gegen Rasierklingen", fragt eine ältere Dame angesichts der Demonstrationsplakate in Form einer Klinge. Gar nichts, erfährt sie von den Teilnehmern der kleinen Kundgebung. Aber: In Gilette-Rasierklingen sowie in einem Haarshampoo und im Frischkäse testet die Metro-Gruppe im Rheinberger Extra-Markt so genannte RFID-Chips. Gegen diese Technologie und den "gläsernen Kunden" protestierten rund 40 Verbraucherschützer.

Initiiert von der Bielefelder Verbraucherschutzorganisation FoeBud (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) liefen die Teilnehmer vom Rheinberger Bahnhof aus quer durch die Innenstadt. Neben den "Stop RFID"-Schildern auch mit zahlreichen Plakaten, die die Befürchtungen von FoeBud und anderen Organisationen angesichts von RFID-Chips hegen. "1984 Orwell, 2004 Metro", war da zu lesen und: "RFID gefährdet ihre Privatsphäre".

Die meisten Demonstrationsteilnehmer waren aus Bielefeld nach Rheinberg gekommen. Nur wenige Einheimische beteiligten sich an der Protestaktion. Für die FoeBud-Leute erst recht ein Grund, auf die Technologie, die im Extra Future-Store getestet wird, aufmerksam zu machen. Etwas überrascht sei man aber schon gewesen, dass die Bürger in Rheinberg die Vorgänge nicht kritischer begleitet hätten. "Deshalb ist es wichtig, dass wir die Leute hier erreichen", so die FoeBud-Mitglieder. Über die Zahl der Teilnehmer zeigten sich die Verbraucherschützer erfreut. "Das sind mehr, als wir erwartet hatten."

Vor dem Gelände des Extra-Marktes machten sie noch einmal die Folgen der RFID-Chips deutlich, die per Funk Zahlen übermitteln. Mit einem "Blick in die Zukunft" zeigten die Verbraucherschützer ihre Bedenken. Bald werde ein Kunde komplett gläsern, so der Tenor. Auf Einkaufsdaten könne beispielsweise die Krankenkasse zurückgreifen und bei schlechter Ernährung flugs die Beiträge erhöhen.

Der RFID-Chip, den die FoeBud-Mitglieder per Zufall in Kundenkarten entdeckt hatte, wird demnächst (wie bereits berichtet) zurückgezogen. Rund 10000 Personen bekommen in den nächsten Tagen Post mit dem Angebot, ihre Payback-Karte umzutauschen, erklärte Albert von Truchseß, Pressesprecher der Metro-Gruppe. Die Metro leiste ihrerseits mittlerweile auch eine gute Öffentlichkeitarbeit, um den Kunden über die neuen Technologien aufzuklären. "Wir sind froh, wenn der Kenntnisstand größer wird, damit Panikmache keine Chance hat", so von Truchseß. "Ein guter Anfang", findet FoeBud. Aber: Hier sei ein Feldversuch außer Kontrolle geraten, das dürfe nicht noch einmal passieren.

DORIS GERLAND

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, Essen , 29. Februar 2004
Original: http://www.nrz.de/nrz/nrz.rheinberg.volltext.php?kennung=on1nrzPOLStaRheinberg38045&zulieferer=nrz&kategorie=POL&rubrik=Stadt®ion=Rheinberg&auftritt=NRZ&dbserver=1

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