Nächste Woche beginnt per Post, Fax und Internet der weltweite Ticketverkauf für die Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Die Eintrittskarten tragen erstmalig RFID-Chips, die über vier KByte Speicher verfügen und auf eine Distanz von bis zu zehn Zentimetern ausgelesen werden können. Sie speichern allerdings keine persönlichen Informationen; die Angst vor «gläsernen Fans» ist unberechtigt.
Tickets für die Fussball-Weltmeisterschaft[1] 2006 in Deutschland kommen ab 1. Februar in den Verkauf. Die neuen Tickets, die Einlass in die Fussballstadien gewähren, sollen fälschungssicher sein, den Schwarzhandel unterbinden und Hooligans von den Stadien fernhalten. Wenn es jedoch darum geht, die Identität von Fussballfans beim Einlass ins Stadion zu überprüfen, ist nach wie vor Handarbeit gefragt.
Wie am Montag in Frankfurt anlässlich der Vorstellung der Tickets vom WM-Organisationskomitee (OK) zu erfahren war, soll es manuelle Passkontrollen geben: «Derzeit sind auf den eingesetzten RFID-Chips der WM-Tickets keine persönlichen Daten gespeichert, mit denen per Laser und Datenabgleich am Stadion-Drehkreuz die Identität überprüft werden kann», so Johannes Lippert, Vizepräsident Marketing und Sales bei Skidata.[2] «Es wird lediglich überprüft, ob der Karteninhaber Zugang zum Stadion hat.»Der österreichische Zutrittsspezialist Skidata rüstet derzeit zusammen mit Siemens und der österreichischen VA Tech vier WM-Stadien in Deutschland mit Zutrittskontrollanlagen aus, die unterschiedlichste Tickettypen verarbeiten können. Dreifache Verschlüsselung
Für die Chips auf den WM-Tickets und diejenigen im Leseterminal sind Halbleiterfirmen wie z. B. Philips Semiconductors[3] verantwortlich. In den neunziger Jahren hat dafür Philips den sogenannten Mifare-Standard massgeblich geprägt. «Derzeit wird in mehreren WM-Stadien unsere kontaktlose Chiptechnologie installiert», sagt Markus Luidolt, Marketingmanager bei Philips Semiconductors Styria im steirischen Gratkorn. Kontaktlose High-End-Chips mit dreifacher Verschlüsselung kämen hier zum Einsatz. Dabei sendet das Lesegerät ein Funksignal zur kontaktlosen Smart Card mit integriertem Chip und Antenne, die daraufhin einen speziellen Zahlencode an das Lesegerät übermittelt. Der Zahlencode erlaubt den Zugriff auf eine Datenbank, die in Sekundenschnelle nachschlägt, ob der Kartenbesitzer das Stadion betreten darf. Solche 4- KByte-Chips nutzen die 13,56-MHz-Frequenz, ein «robustes Signal», so Luidolt. Sie können auf eine Distanz zum Lesegerät von bis zu 10 Zentimetern ausgelesen werden.
Damit ist es nicht möglich, Zuschauer innerhalb des Stadions zu orten, wie vorab vielfach befürchtet wurde. Für Luidolt ist die WM-Chiplösung denn auch kein Hexenwerk. «Das ist ein sehr reifer Markt», sagt der Philips-Manager. Die verwendeten Chips sind nicht vergleichbar mit den RFID-Chips der nächsten Generation, die derzeit für Aufgaben in der Logistik in der Diskussion sind. Dabei werden aktive Ultra-High- Frequency-Chips mit grosser Speicherkapazität eingesetzt, die eine viel höhere Reichweite haben und bei denen teilweise batteriebetriebene Transponder Daten an die Lesegeräte funken. Videoüberwachung bereits heute
Auch ohne RFID-Chips sind die WM-Stadien bereits heute bestens überwacht. Dies weiss Udo Hofmann vom Zutritts- und Sicherheitsspezialisten Interflex[4] aus Stuttgart, der mit der Deutschen Telekom als Partner derzeit vier WM-Stadien ausrüstet. Zur gesamten Softwareleistung von Interflex mit Zutrittskontrolle und technischer Schnittstelle zur Datenbank des WM-Ticketvermarkters CTS Eventim gehört auch ein Sicherheitsleitstand im Stadion.
Er integriert u. a. die gesamte Gebäudeleittechnik. Darüber werden auch die Fluchtwege gesteuert sowie der innere und äussere Bereich per Video überwacht. Sollte jemand ein paar Fehlversuche beim Einlass haben, ist das auf Video gebannt. «Ein Supervisor kann genau sehen, wer sich wann und wo im Stadion befindet», erklärt Hofmann.
Nikola Wohllaib
[1] www.fifaworldcup.com
[2] www.skidata.com
[3] www.semiconductors.philips.com
[4] www.interflex.de
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Nikola Wohllaib
Neue Zürcher Zeitung, 28. Januar 2005
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