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Ihre Kleidung funkt

RFID-Chips bei Datenschützern in der Kritik

Funketiketten in Kleidungsstücken könnten dazu benutzt werden, Kunden auszuspionieren, bemängeln Datenschützer. Auch in der Schweiz wird die Technologie eingesetzt. Ihre Kosten sind bisher das Hauptargument gegen sie.

RFID-Chips kommen ohne Batterien aus. Sie funken unter anderem eine Identifikationsnummer mehrere Meter weit und können – beispielsweise in Kleidung eingenäht – dabei behilflich sein, Ladendieben und Produktpiraten das Leben schwerer zu machen. Und die Logistik wird vereinfacht, denn es lässt sich unter anderem herausfinden, was in einem Paket ist, ohne es öffnen zu müssen.

Die Technologie ist allerdings nicht frei von Risiken. Dies ist zumindest die Ansicht der Datenschützer des Vereins Foebud, die vergangene Woche mit einer Protestaktion in Bielefeld auf die Problematik aufmerksam machten, die sich ergeben könnte, wenn die Funkchips nach dem Kauf in der Kleidung verbleiben. Die Aktivisten stellten sich dazu vor einer Filiale des Damenmodeunternehmens Gerry Weber auf und hielten einen Bildschirm in die Höhe, auf dem unter anderem «Ihre Kleidung funkt» zu lesen war. Überraschte Kundinnen

Die Foebud-Mitglieder hatten überdies ein RFID-Lesegerät dabei, mit dem sie die auf den Chips gespeicherten Codes auslasen und auf einen Bildschirm projizierten. Ein Kamerateam des Senders WDR dokumentierte Reaktionen von Kundinnen für einen Beitrag in der Sendung «Markt». Die meisten reagierten überrascht. Laut Christian von Grone, bei Gerry Weber für RFID zuständig, kostet das Abschneiden zu viel Zeit.

«Wir entfernen das Pflegeetikett an der Kasse, wenn die Kundin dies wünscht», wird von Grone im Fernsehbericht zitiert. Die meisten Frauen würden die Etikette lieber zu Hause selbst abschneiden. In den Gerry-Weber-Läden liegen Handzettel an der Kasse. Auf jeder Pflegeetikette steht «RFID inside» und «remove before wearing», also vor dem Tragen entfernen, was durch einen Bericht von heise.de bestätigt wurde. Und kein Kunde müsse fürchten, dass sein Name mit einer RFID-Nummer verknüpft werde. «Wir speichern keine personenbezogenen Daten zusammen mit den Daten vom Chip», betonte Christian von Grone. Bewegungsprofile erstellen

«Das Problem ist, dass die Nummer auf dem Chip in der Kleidung der Kundin aktiv bleibt», bemängelt Foebud-Aktivisten Rena Tangens. «Wenn ich mit meinem woanders gekauften Jacket an der Kasse stehe und zeige eine EC-Karte oder wenn ich per Bilderkennung von einer Videoüberwachung erkannt werde und gleichzeitig der Chip ausgelesen wird», dann, so Rena Tangens, könnten Bewegungsprofile erstellt werden, ohne dass der Bürger davon erfährt. Die Datenschützer wollen erreichen, dass ein EU-Gesetz verabschiedet wird, das die Entfernung von Funketiketten nach dem Verkauf beziehungsweise Versand vorschreibt.

Nicht alle Unternehmen setzen auf Funketiketten. Beispielsweise verzichtete die deutsche Handelskette Metro auf diese. Migros und Manor setzen sie ein, Coop, Calida, Mammut und Odlo warten ab. Hauptargument sind laut einem Bericht von gs1network.ch die Kosten.

Hingegen setzt man beim italienischen Modeanbieter Peuterey voll auf RFID. Die Etiketten werden zwar kenntlich gemacht, gleichzeitig wird man aber dazu aufgefordert, sie nicht zu entfernen. Dafür bekam das Unternehmen 2011 den Big Brother Award. Es dürfte mit seiner Praxis unter anderem Markenpiraterie seiner edlen Kleidungsstücke eindämmen wollen.

hes.

Neue Zürcher Zeitung, 17. Januar 2012
Original: http://www.nzz.ch/nachrichten/digital/foebud_gerry_weber_rfid_chips_bielefed_kleidung_datenschutz_1.14377534.html

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