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RFID-Etiketten verändern den Alltag

Funketiketten sind ein alter Hut. Entwickelt wurden sie von den USA in den vierziger Jahren zur Freund-Feind-Erkennung bei Flugzeugen. Seit Forscher sie zu kleinsten Folien weiterentwickelt haben, die überall versteckt werden können, wird die Radio-Frequency Identification (RFID) genannte Technologie wieder heiß diskutiert. Lesegeräte sollen künftig die Ware im Supermarkt automatisch erfassen. Verbraucherschützer warnen angesichts des drahtlosen Auslesens vor Datenmissbrauch.

Jeder kann im Prinzip mit entsprechendem Lesegerät die auf den Funketiketten gespeicherten Informationen auslesen - bis zu einer Entfernung von rund drei Metern auch durch Taschen hindurch. "Es gibt noch kein hundertprozentig sicheres Verfahren zur Verschlüsselung", erklärt Hartmut Pohl, Professor für Informationssicherheit an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin.

Zur Zeit testet die Metro-Gruppe in einem Supermarkt in der Nähe von Duisburg RFID. Dort schieben die Kunden ihren Einkaufswagen an einer Leseschranke vorbei, die alle Artikel erfasst, und begleichen den Betrag an einer Selbstzahlerkasse per Karte. Danach können sie die Informationen auf den Etiketten an einem Deaktivator löschen. Dabei bleibt allerdings die weltweit einzigartige eindeutige Seriennummer zurück, kritisiert der Bielefelder Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD).

RFID kann aber auch die informationelle Selbstbestimmung des Verbrauchers verletzen - beispielsweise in Verbindung mit Kundenkarten. "Es darf nicht dazu kommen, dass Waren- und Personendaten verknüpft und Konsumentenprofile ohne eine ausdrückliche und freiwillige Zustimmung des Kunden erstellt werden", sagt Christian Thorun, Referent für Handel bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin. Ebenso dürften keine RFID-Chips in Kundenkarten integriert werden, mit denen Verbraucher beim Betreten des Geschäfts registriert werden können.

Praktisch sind Funketiketten, wenn Waren zurückgerufen werden müssen. "Die Rückverfolgbarkeit von Produkten durch RFID ist ein Vorteil, da durch die Chips die Produktionskette lückenlos aufgezeichnet werden kann", erklärt Thorun. Auch zusätzliche, an Kundenterminals auslesbare Produktinformationen fänden auf den Etiketten Platz. Mehrere Seiten Text können sie laut Prof. Pohl inzwischen speichern.

Die Bundesregierung will nach dem Reisepass auch den neuen Personalausweis mit einem Chip ausstatten - und womöglich gleich die geplante Gesundheitskarte integrieren. "Erhalten Dritte Kenntnis von diesen Informationen, stellt dies einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Eigentümers dar", gibt die Datenschutzgruppe der EU-Kommission zu bedenken. Sie empfiehlt für Ausweise den Einsatz von höher entwickelten RFID-Chips, so genannten Smartcards. Diese bieten mit eigenem Prozessor und Betriebssystem den Schutz einer Zugangskontrolle.

Bisher haben sich die Funketiketten vor allem in der Warenlogistik durchgesetzt. Im Supermarkt selbst könnte heute noch nicht jedes Produkt mit einer Etikette ausgestattet werden. "In der richtigen Auflage kostet ein Chip noch 10 Cent - das ist zu viel für einen Joghurtbecher", sagt Pohl. Doch die Zahl der RFID-Anwendungen wächst: Die Technologie wird inzwischen für Auto-Wegfahrsperren, zur Patientenversorgung in Krankenhäusern oder zur Identifikation von Büchern in Bibliotheken eingesetzt.

PC Welt, 29. Mai 2006
Original: http://www.pcwelt.de/news/sicherheit/138799/

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