Die kritischen Stimmen zum „gläsernen Konsumenten“ und die Forderung nach einer gesetzlichen Regulierung werden immer lauter. Das Thema Datenschutz wird auch in Zukunft die Diskussion um RFID kontrovers bestimmen. Doch wird es auch die flächendeckende Einführung der Technologie richtungweisend beeinflussen, sie sogar hemmen? Entscheidend wird auch die Frage sein, wie Unternehmen mit Verbraucherängsten umgehen. Aus Sicht der Datenschützer ist es nur eine Frage der Zeit, bis der „schlafende Drache“ erwacht.
padeluun ist Gründungsmitglied des Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) e.V., Bielefeld
RFID-Forum: Wie beurteilen Sie die Art der Unternehmen, mit den Ängsten und Fragen der Verbraucher umzugehen? Haben Unternehmen aus den aufgeflogenen RFID-Tests von Gilette und Benetton, die massive Verbraucherproteste nach sich gezogen haben, etwas gelernt?
padeluun: Ja, aber leider oft das Falsche. Sie haben gelernt, Angst zu haben, anstatt die Dinge, die man anpackt, richtig zu machen. In unserer vernetzten Welt erfahren immer mehr Menschen weltweit jeden Tag, was es bedeutet, wenn Informationen über sie durch Netze vagabundieren. Und sobald sie das wissen, wollen sie es nicht mehr.
RFID-Forum: Je mehr Einsatzgebiete RFID sich erschließt, desto stärker dringt das Thema auch an die breite Öffentlichkeit. Ist Ihrer Meinung nach für 2005 verstärkt mit Protesten der Verbraucher zu Rechnen?
padeluun: Ja.
RFID-Forum: Ist die Angst vor dem „gläsernen Konsumenten“ Ihrer Ansicht nach berechtigt oder eher eine emotionale Abwehrreaktion gegenüber technischen Neuerungen?
padeluun: Wir alle wissen sehr genau, was gläserne Menschen sind. Bei vielen unserer Sympathisanten und Unterstützer, die zum Großteil aus Hochtechnologiefirmen kommen, ist es knallharter Sachverstand, der sie vor unkontrolliert eingeführter RFID-Technologie zurückschrecken lässt.
RFID-Forum; Wie weit dürfte eine staatliche Regulierung zum Schutz der Verbraucher gehen? Würde jede Regelung automatisch die flächendeckende Einführung von RFID verzögern? Reichen selbst auferlegte Beschränkungen für Unternehmen aus, oder bedarf es gesetzlicher Vorgaben?
padeluun: Das System RFID muss in weiten Teilen neu desingt werden. Und das nicht nur von Technikern, sondern auch von Experten, die sich mit Datenschutz, Menschen-, Bürger- und Arbeitnehmerrechten sowie Umweltschutzthemen wie Entsorgung, Wiederverwertung und Strahlung auskennen. Der eine oder andere Krypto-Experte darf auch gerne dabei sein. Die Industrie hat schon jetzt seit dem Bekanntwerden der Probleme durch Katherine Albrecht und uns ein Jahr verschlafen und lieber unsinnige „Weiße-Salben-Studien“ in Auftrag gegeben. Insofern verzögert die Industrie die Einführung. Es bedarf weit gehender gesetzlicher Vorgaben über die Erhebung und Nutzung von Daten. Allein schon, um die „good guys“ vor den „bad guys“ der Anwenderfirmen zu schützen.
RFID-Forum: Abschließend noch eine persönliche Frage: Wie zufrieden sind Sie mit der derzeitigen Entwicklung im Marktsegment RFID? Tendieren Sie im Hinblick auf das nächste Jahr eher zu Optimismus oder Skepsis?
padeluun: Ich denke, diese Frage darf ich guten Gewissens auslassen ;-)
RFID-Forum, Lüneburg, 01. Dezember 2004
Original: Nicht bekannt