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Die Milliarden-Minis

RFID-Chips

Düsseldorf (rpo). Die RFID-Chips (Radio Frequency Identification) sind eines der Hauptthemen der CeBIT. Die Industrie erhofft sich durch den Einsatz der Funkminis Milliardeneinsparungen. Kritiker warnen vor dem gläsernen Kunden.

Die Kasse, die die Waren schon im Einkaufswagen abrechnet, der Patientenchip, der den Arzt über Blutgruppe und Allergien informiert und der Kühlschrank, der die Milch von allein auf die Einkaufsliste setzt -- all das sind längst keine Zukunftsvisionen mehr. RFID ermöglicht auf kurze Entfernung die automatische Erkennung einzelner Objekte per Funk. Vor allem große Handelskonzerne wie Wal-Mart oder Metro treiben die Technologie voran. Die Konzerne versprechen sich vor allem enorme Einsparungen bei der Logistik.

Das Geschäft mit den RFID-Chips wurde im vergangenen Jahr auf 300 Millionen Dollar geschätzt. Bis 2009 rechnet das US-Marktforschungsunternehmen In-Stat mit einem Anstieg auf 2,8 Milliarden Dollar, der Großteil davon im Handel. Britta Oertel vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin hat in sich in einer Studie mit den Chancen und Risiken der neuen Technik beschäftigt: "RFID versieht wie ein Barcode ein Produkt mit einer eigenen Identifikationsnummer."

Der Supermarkt der Zukunft

Diese kann per Funk ausgelesen werden. Daher kann die Technik beispielsweise zur Echtheitsprüfung von Dokumenten, Zutrittskontrollen, Diebstahlsicherung oder der Logistik eingesetzt werden."

Bereits im vergangenen Jahr hat Siemens in einem Pilotprojekt 200 Krankenhauspatienten mit einem Funkarmband ausgestattet. Auf dem halben Quadratmillimeter großen Chip waren die Daten des Patienten hinterlegt, die der Arzt mit einem RFID-fähigen PDA sofort auslesen konnte. Wurde der Patient also in diverse Untersuchungsabteilungen geschickt, erhielt der dortige Arzt sofort Aufschluss über Diagnosen und Krankengeschichte. Während der Untersuchung konnte er die digitale Akte bearbeiten und mit den notwendigen Zusatzdaten versehen.

Laut Siemens sei der Behandlungsvorgang für Mediziner und Verwaltung viel einfacher und transparenter. Auch die CeBIT-Besucher werden in diesem Jahr am Eingang mit der RFID-Technik konfrontiert. Lesegeräte kontrollieren berührungslos die Eintrittskarten, in der die Chips unsichtbar eingearbeitet sind. Verbraucher- und Datenschützer warnen jedoch nicht zuletzt wegen der einfachen Sammlung von Daten vor Missbrauch der Technik. In Londoner U-Bahnen sind beispielsweise die Monatsfahrkarten mit einem Minichip ausgestattet. Durch den Einsatz der Technik ist es somit grundsätzlich möglich, Bewegungsdaten zu erfassen und diese einzelnen Personen zuzuordnen.

Kunde muss besser aufpassen

Verfolgbarer und damit gläserner Kunde? "Nein", sagt Britta Oertel, "Viele Transponder dienen der Diebstahlsicherung. Sie werden an der Kasse entfernt und somit lässt sich der Kunde mit dem Produkt nicht weiter verfolgen." Dennoch rät die Informationswissenschaftlerin: Es liege an Firmen, offen zu legen, wofür welche Daten erfasst und ausgewertet werden. Auch durch die Hochkonjunktur der Kundenkarten werden viele Daten gesammelt. Er sei also schon jetzt eine ideale Informationsquelle. "Es wird umso wichtiger sein, bei solchen Verträgen das Kleingedruckte zu lesen".

Auch die Diskussion um die Kennzeichnung der WM-Tickets mit RFID will Oertel nicht überbewerten: "Sicherlich entstehen durch das Bewerbungsverfahren riesige Datenbanken, deren Verwendung nicht eindeutig geklärt ist. Auf den Chips werden aber diese Daten nicht gespeichert. Somit wird der Zuschauer auch nicht weiter verfolgt." Die Gesellschaft für Informatik rät ebenfalls zu einem gezielten Einsatz der Technik: So sei eine Rückverfolgung von Medikamenten, toxischen Substanzen oder hochwertigen Gütern sinnvoll. Das Verhindern der Manipulation solcher Systeme müsse deshalb in den nächsten Jahren eine der zentralen Aufgaben sein.

Experten schätzen, dass ein Masseneinsatz der RFID-Technik in etwa 15 Jahren erfolgt. Dass dann aber Menschen, die im Park einen präparierten Joghurtbecher weggeworfen haben, zurückverfolgt werden können, hält Michael Dieckopf vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik indes für völlig absurd: "Erstens haben die Chips keine kilometerlange Reichweite und zweitens stehen die Kosten für die Installation solch aufwändiger Technik in keinem Verhältnis zum Wert des Produkts."

Silke Fredrich

Rheinische Post, 14. März 2005
Original: http://www.bbv-net.de/public/article/nachrichten/multimedia/sonstiges/81546

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